Jesuiten 2019-2

Gott denn für unser Leben vorhat, was er von uns erwartet. Klar, ein großes und in sich schweres Thema, aber die Stimmung war eben auch sofort sehr ernst. Ich habe mich dabei zu folgender Aussage hinreißen lassen: „Gott will, dass wir im Leben Spaß haben!“ Jetzt rollen Sie vielleicht mit den Augen, aber damit war zunächst ein Konterpunkt gesetzt. Selbstverständlich meine ich nicht – und das habe ich auch erklärt – einen billigen Spaß, schon gar nicht auf Kosten von anderen. Es geht mir vielmehr um eine von Gott geschenkte, tiefe und ehrliche Freude am Leben – und wenn es noch so viele Herausforderungen mit sich bringt. Wechseln wir zur Verdeutlichung die Perspektive: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott uns zum Leiden erschaffen hat. Das bedeutet nicht, dass es kein Leid gibt und schon gar nicht, dass Gott dieses Leid ignoriert. Die Annahme des Kreuzes durch Jesus mit all dem verbundenen Leid zeigt uns, wie sehr Gott selbst leidensbereit ist, aber das ist nicht das Ziel Gottes. Sein Ziel ist es, Leben zu schaffen: Das sehen wir in seiner Schöpfung und das erfahren die Jünger und wir in der Auferstehung Jesu. Die Beziehung Gottes zu seiner Schöpfung und zu einem und einer jeden ganz persönlich besteht in der Liebe und damit ganz natürlicherweise in der Freude. Jesus selbst gibt das seinen Jüngern in der sogenannten Abschiedsrede im Johannesevangelium ganz eindrücklich mit auf den Weg: „Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe. Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird“ (Joh 15,9-11). Den kritischen Lesern oder Leserinnen mag da gleich wieder das „Wenn“ ins Auge stechen, aber das ist nicht das Entscheidende. Vielmehr sind wir zunächst und vor allem dazu gerufen, an der Freude Gottes teilzuhaben. Wie kann es gelingen, dass wir uns im Glauben aus dem Evangelium – der frohen Botschaft – immer mehr auf die Freude ausrichten und der Freude mehr Raum geben? Das kann z.B. dadurch beginnen, dass ich mir Jesus als Menschen mit einem Lächeln vorstelle: Einfach die Augen schließen und sich Jesus mit einem Lächeln oder sogar mit lautem, von Freude erfülltem Lachen vorstellen. Davon gibt es nur wenige Darstellungen in unserer sakralen, vom Kreuz oftmals dominierten Kunstgeschichte. Zudem bin ich mir relativ sicher, dass jeder von uns einen Menschen kennt, der sehr froh durchs Leben geht – ob alt oder jung. Sprechen Sie diesen doch einmal an und fragen, warum das so ist, was für ihn oder sie die Grundlage der Freude im Leben darstellt. Oder ich gehe an die Dinge heran, die mir die Freude rauben: Will ich denen wirklich so viel Macht über mein Leben geben, oder sollten sie nicht doch etwas zurechtgestutzt werden? Ihnen selbst fallen sicherlich auch noch ein paar Möglichkeiten ein, wie die Freude in unserem Leben sichtbarer und strahlender werden kann. Denn dazu sind wir berufen: An der Freude Gottes teilzuhaben, verbunden mit ihm und mit einem Leben, das selbst in die Ewigkeit hineinreicht. Hans-Martin Rieder SJ 23 JESUITEN n JUNI 2019 n KIRCHE DER FRAUEN

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