Jesuiten 2019-2

Mehr als nur Philosophie studieren „Gehen Sie zu den Jesuiten.“ Den Satz habe ich oft gehört, als ich in Berlin in der „Katholischen Glaubensinformation“ gearbeitet und die Menschen, die mir gegenüber saßen, gefragt habe, wieso sie zu mir kommen. Manchmal hatten Hauptamtliche sie geschickt, manchmal war es die Empfehlung eines Freundes oder einer Bekannten gewesen. An viele erinnere ich mich gut: da waren die ungetaufte Schamanin, die über das Leben sprechen wollte; das Ehepaar, das wieder zueinander finden wollte; Menschen die sich für besessen hielten; ein protestantischer Politiker, der ethische Fragen stellte; eine überzeugte Sozialistin und Atheistin im Altenheim, die über das Sterben sprechen wollte. Den Satz „gehen Sie zu den Jesuiten“ habe ich als großen Vertrauensvorschuss empfunden. Zu den Jesuiten kann man wohl auch gehen, wo es nicht um klassische katholische Seelsorge geht. Gut, habe ich oft mit Dankbarkeit gedacht, dass wir eine so lange und vielfältige Ausbildung – Formatio – durchlaufen dürfen. Um gute Seelsorger auszubilden, setzen wir Jesuiten von Anfang an auf eine lange Ausbildung, in der vielfältige Erfahrungen ermöglicht und reflektiert werden, Erfahrungen mit sich selbst, mit Menschen aus unterschiedlichen Milieus und Erfahrungen mit Gott. Zwölf bis fünfzehn Jahre dauert die klassische Ausbildung. Zum Teil wird sie im Ausland absolviert. Zwei Jahre Noviziat, dann zwei bis drei Jahre Philosophiestudium, danach das sogenannte Magisterium: zwei Jahre pastorale oder soziale Arbeit. Erst nach diesen theoretischen und praktischen Erfahrungen beginnt das drei- bis vierjährige Theologiestudium, an dessen Ende meist die Priesterweihe steht. Nach einer pastoralen Zeit folgt oft noch ein Aufbaustudium, das für spätere Tätigkeiten spezialisiert. Für unsere Brüder, die keine Priester werden, gestaltet sich die Ausbildung von Anfang an individueller. Am Ende der Ausbildungszeit steht dann das sogenannte Terziat. Das kann auch erst nach etlichen Jahren der Arbeit kommen – eine etwa sechsmonatige Zeit ähnlich dem Noviziat. Heute bringen viele, die in den Orden eintreten, schon Studien- und Arbeitserfahrungen mit. Dementsprechend passt sich der klassische Ausbildungsweg an die Voraussetzungen und Bedürfnisse des einzelnen an. 30 VORGESTELLT JESUITEN n JUNI 2019 n KIRCHE DER FRAUEN Jesuiten geben immer wieder Interviews: Max Heine-Geldern SJ hier im Interview mit dem ZDF. © SJ-Bild

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