Jesuiten 2019-2

SCHWERPUNKT 4 JESUITEN n JUNI 2019 n KIRCHE DER FRAUEN „Mary Ward war eine starke Frau“ „Sie war eine starke Frau, und wir werden hier zu starken Mädchen erzogen.“ So antworteten Schülerinnen meines Geschichtskurses an der Mainzer Maria Ward-Schule spontan auf meine Frage, welche Bedeutung für sie Mary Ward habe. Der Feminismus ist eine moderne Bewegung und sicherlich wird man Mary Ward nicht gerecht, wenn man sie als Feministin postuliert. Aber sie war in ihrer Zeit eine ganz ungewöhnliche, unangepasste Frau. Sie wuchs auf im Zeitalter der Konfessionskriege in England Ende des 16. Jahrhunderts. Der religiöse Konflikt ließ sie nach ihrem Weg suchen, den sie über Umwege fand. Es war nicht der Frauenorden in der Klausur, sondern sie wollte in der Welt wirken stets im Vertrauen auf Gott. Das einmal Erkannte setzte sie mit großer Konsequenz um und ließ sich durch Rückschläge und Verleumdungen nicht von ihrem Weg abbringen. Dieser führte sie nicht aus der Kirche, sondern sie ging in der Kirche neue Wege, indem sie mehr Chancengleichheit für Frauen durch Bildung anstrebte und umsetzte. Insbesondere wandte sie sich den armen und benachteiligten Mädchen zu, indem sie Schulen gründete. Mary Ward geriet in einen Konflikt mit der Amtskirche und dem Papst, weil sie ihren Orden mit dem Orden der Jesuiten gleichstellen wollte und weil sie sich als Frau nicht unterordnen wollte. Für Frauen galt vor 400 Jahren: „O marito, o muro“ entweder einen Mann oder die Mauer. Beides lehnte sie ab. In einer Ansprache an ihre Gefährtinnen im Jahr 1617 in St. Omer skizzierte sie das Verhältnis von Mann und Frau: „Es gibt keinen solchen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Deshalb ist die Ursache nicht, dass wir Frauen sind, sondern, wie ich vorhin sagte, dass wir unvollkommene Frauen sind und nicht die Wahrheit lieben, sondern Lügen nachlaufen. Veritas Domini manet in aeternum; die Wahrheit unseres Herrn währt immerdar. Es ist nicht veritas hominum, die Wahrheit der Männer oder die Wahrheit der Frauen, sondern veritas domini. Diese Wahrheit können Frauen ebenso haben wie Männer. Wenn wir versagen, kommt das von einem Mangel an Wahrheit und nicht davon, dass wir Frauen sind. … Ich hoffe zu Gott, man wird sehen, dass Frauen in der kommenden Zeit viel tun werden.“ (Drei Ansprachen Mary Wards, gehalten in St. Omer 1617. In: Spiritualität Konkret 2018, S. 29ff) Vielfach herrschte Angst, dass mit der Erziehung in den Instituten der Englischen Fräulein Frauen den ihnen zustehenden Rahmen überschreiten könnten. In den

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