Jesuiten 2019-3

10 JESUITEN n SEPTEMBER 2019 n WISSENSCHAFTLER SCHWERPUNKT Ein Jesuit als Wirtschaftswissenschaftler Als ich mir überlegte Jesuit zu werden, arbeitete ich in London als Wirtschaftsprüfer bei KPMG, einem der größten Dienstleistungsunternehmen der Welt. Ich wurde Jesuit und hatte den Wunsch die Wirtschaftswelt hinter mir zu lassen, um Gott und der Menschheit als Priester in spirituellen und pastoralen Aufgaben zu dienen. Ich wusste, dass Jesuiten für ihre akademische Arbeit bekannt sind, aber ich fühlte mich dazu hingezogen für und mit den Armen zu arbeiten und einen Beitrag zu leisten ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Als Afrikaner kannte ich auch aus eigener Erfahrung, was es heißt, arm zu sein. Ich hatte eine brennende Sehnsucht an der Verbesserung der Lebenssituation vieler Afrikaner mitzuarbeiten und ihnen in ihren spirituellen wie auch materiellen Anliegen zu helfen. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass Bildung der beste Weg zur Verbesserung der Lebenssituation von Armen sein könnte. Daher konnte ich mir auch niemals vorstellen, als Professor und Wirtschaftswissenschaftler zu arbeiten. Doch werde ich bald auf diesem Gebiet arbeiten. Vor kurzem habe ich meinen Master in Buchhaltung in den USA abgeschlossen und ich hoffe durch die Lehre einen Beitrag leisten zu können, dass wirtschaftliches Agieren mit christlichen Prinzipien verbunden wird. Ich bin Menschen begegnet, die wirtschaftliches Handeln und christliche Ethik für unvereinbare Gegensätze halten. Vielleicht hängt dies mit einigen biblischen Bildern zusammen, wie z.B. das Gleichnis vom reichen Narren, der Reichtümer anhäuft (Lk 12,16-21) oder das Gleichnis vom im Überfluss lebenden reichen Mann und Lazarus (Lk 16,19-31), ebenso das vom jungen Mann, dem es schwer fällt, seinen Besitz den Armen zu geben und Jesus nachzufolgen. Jesus sagt dazu: „Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Denn eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ (Lk 18, 24– 26; Mt 19, 23–24) Gleichzeitig lädt uns die Schrift aber dazu ein, die Erde fruchtbar zu machen (Gn 1,28) und die geschenkten Talente einzusetzen (Lk 19,12-27). Die scheinbare Unvereinbarkeit von wirtschaftlichem Handeln und christlicher Ethik ist das Resultat der Erfahrung, dass Unternehmen versuchen, Gewinne zu erzielen auf Kosten ihrer Angestellten wie z.B. durch Niedriglöhne oder durch psychischen Druck, oder dass Unternehmen in Kauf nehmen, im Produktionsprozess die Umwelt zu verschmutzen oder dass sie durch Lobbyarbeit ihre Interessen vertreten und auf staatliche Subventionen schielen. Collage © robert_s shutterstock.com

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