Jesuiten 2019-3

13 SCHWERPUNKT Was mich als Jesuit an der Biologie fasziniert In dem zum Darwinjahr 1959 erschienenen Sammelband „Das stammesgeschichtliche Werden der Organismen und des Menschen“ kommt der Herausgeber Adolf Haas SJ (1914-82) am Ende seines Beitrags über Finalität und Abstammungslehre auf die alte Frage des Thomas von Aquin zurück, ob „den Werken der Natur und der Kunst Schöpfung beigemischt“ sei. Er hat den Leser für die Antwort auf einen 2. Band vertröstet, der aber nie erschienen ist, weil Haas inzwischen im Weltbild von Teilhard de Chardin SJ diese Antwort gültig gefunden hat: Ja, in den Naturdingen, insbesondere in den Lebewesen, steckt eine schöpferische Eigentätigkeit, weil Gott macht, dass sie sich selbst machen können. Unter diesem Leitwort bin ich dann selber in die Fußstapfen meines Lehrers getreten – so mit der 50 Jahre später erfolgten Veröffentlichung „Der Fall Darwin“ (München 2009). Vor allem die Erforschung der Lebensentstehung hat mich seither immer wieder das Staunen gelehrt. Man kennt inzwischen die dazu führenden geo- und biochemischen Prozesse ganz gut – und dennoch stellt das Auftreten der ersten selbständigen Zelle einen Phasensprung auf eine völlig neue Ebene dar. Faszinierende, aber auch mühsame Beschäftigung mit immer wieder neuen Forschungsbefunden für einen altersmüden Professor! Aber, es gibt zum Ausgleich dafür auch noch etwas anderes. Mehr und mehr widme ich meine Freizeit der Beschäftigung mit digitaler Makrofotografie, vor allem von Pflanzen. Es ist unglaublich, welcher Detailreichtum in der Blüte selbst des einfachsten Allerweltsunkrauts steckt, wenn man sie groß am Bildschirm betrachtet. Da ist nicht alles bloß zweckmäßig, sondern oft einfach nur schön: Schöpferkraft des Geschöpflichen! Der alte Goethe hatte schon Recht mit seinen Versen gegen den „exakten“ Naturforscher Albrecht von Haller: „Ins Innre der Natur“ – O! du Philister! – „Dringt kein erschaffner Geist.“ Mich und Geschwister Mögt ihr an solches Wort nur nicht erinnern; Wir denken: Ort für Ort sind wir im Innern. „Glückselig, wem sie nur die äußre Schale weist!“ Das hör ich sechzig Jahre wiederholen Und fluche drauf, aber verstohlen; Sage mir tausend tausendmale: Alles gibt sie reichlich und gern; Natur hat weder Kern noch Schale, Alles ist sie mit einem Male; Dich prüfe du nur allermeist, Ob Du Kern oder Schale seist? Christian Kummer SJ JESUITEN n SEPTEMBER 2019 n WISSENSCHAFTLER Collage © abzee shutterstock.com

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