Jesuiten 2019-3

Astronomie als Akt der Gottesverehrung Die Astronomie hat die Menschen seit jeher begeistert. Sie gibt das Gefühl eines ehrfürchtigen Staunens angesichts des Kosmos. Ob man ein Kind in der Sahara ist, ein Teenager in Indien oder ein Professor der Universität München – uns allen kommt ein „Ach“ über die Lippen, wenn ein schönes Bild einer Galaxie oder ein exotischer Gasnebel der Milchstraße gezeigt wird. Da gibt es etwas in uns, das aufleuchtet. Mit einem Begriff von Karl Rahner SJ könnten wir es als die „transzendentale Natur“ der menschlichen Person bezeichnen: Wie Michelangelos Adam in der Sixtinischen Kapelle sehnen wir uns nach dem Unendlichen. Nichts ist transzendenter und doch naturgesetzlicher als der Himmel. Kein Wunder, dass wir immer schon so fasziniert waren vom Kosmos. In den letzten 100 Jahren hat sich das physikalische Verständnis des Kosmos dramatisch verändert. Heute kennen wir die Natur der Sterne. Wir haben exotische Objekte wie schwarze Löcher, Neutronensterne, Pulsare und GammastrahlenAusbrüche entdeckt. Wir wissen, dass das Universum viel größer ist als bisher angenommen. All dies wurde in erster Linie durch Verbesserungen der Beobachtungstechnik ermöglicht – auf der Erde und im Weltraum. Unser Verständnis des Kosmos ist auf den Bereich des Beobachtbaren begrenzt. Mit der Entdeckung der Gravitationswellen hat sich ein neues Fenster geöffnet, um den Himmel zu erforschen. Heute ermöglichen neue Verbesserungen der Technologie, den Himmel wiederholt in einer einzigen Nacht optisch durch zu scannen, wodurch ein „zeitliches“ Fenster geöffnet wird. Auch diese Beobachtungsfenster werden viele aufregende Entdeckungen ermöglichen! Drei Hauptfragen sind in der heutigen Astronomie bestimmend: A) Woher kommen wir? Der Urknall ereignete sich vor ca. 13,7 Milliarden Jahren. Die Astronomen untersuchen, wie das Universum in seinen gegenwärtigen Zustand gelangt ist: die Bildung der ersten Sterne aus Gaswolken, die Bildung von Galaxien durch Verschmelzen und ihre Entwicklung, bis die heutigen Sterne und Planeten gebildet wurden. Um diese Beobachtungen zu verstehen, nehmen Astronomen an, dass es im Universum viel mehr Materie gibt, als erkennbar ist. Wir wissen zwar nicht, woraus diese „dunkle Materie“ besteht, aber wir können ihre Auswirkungen beobachten. B) Wohin gehen wir? Das Universum expandiert nicht nur, es beschleunigt sich auch. Astronomen gehen davon aus, dass eine „dunkle Energie“ für diese Beschleunigung und das endgültige Schicksal des Universums verantwortlich ist. Die großen Fragen des nächsten Jahrzehnts konzentrieren sich auf das Verständnis der Natur der dunklen Materie und der dunklen Energie. 18 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2019 n WISSENSCHAFTLER

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