Jesuiten 2019-4

5 JESUITEN n DEZEMBER 2019 n THEO:POESIE gen und Begegnungen. Alles löst eine Resonanz in uns aus. In der Lyrik versuche ich im Betrieb des Alltags innezuhalten, der Resonanz Raum zu geben und mich zu fragen: Was klingt in mir nach? Was löst es aus? Gibt es dafür vielleicht ein Wort oder eine kleine Geschichte? Jeder Mensch kann Lyrik machen und er tut es auch: Jede Liebeserklärung ist Lyrik. Jedes Danken, Staunen, jedes Gebet ist Lyrik. Was machst Du, Maria, wenn Du die Texte von Andreas hörst? Maria: Ich verarbeite die persönliche, augenblickliche Sicht auf ein Gedicht und drücke dies in Musik aus. Dies könnte am darauffolgenden Tag vollkommen anders aussehen. Manchmal sind es einzelne Wörter, die in mir etwas auslösen. Ich stelle mir zum Beispiel einen Sonnenstrahl in der Natur vor und setze dies unter Umständen nur mit einem Ton um. Vieles ist abhängig von der Atmosphäre, welche durch das Gedicht ausgedrückt wird - aber auch von der Atmosphäre im Raum und meiner Konstitution in dem Moment. Da ich ein absolutes Gehör besitze, ist die Musik in diesem Moment richtig und kann nicht anders sein. Ich hoffe, dass ein Funke der Gegenwart Gottes herausgehorcht wird; bei Andreas durch seine Worte und bei mir durch die Musik. Andreas: Es ist ein Gesamtkunstwerk, zwei Weisen, die sich ineinanderschieben. Das Wort Lyrik stammt vom griechischen Wort Lyra, das ursprünglich ein Zupfinstrument, die Leier, bezeichnet. Worte versuchen Bilder, Erinnerungen, Gefühle oder innere Zusammenhänge aufzurufen und da kommt etwas zum Klingen. Die Musik nimmt den Klang auf, spiegelt ihn und ruft bei den Menschen eine weitere Resonanz hervor. Es soll etwas zum Klingen kommen. Die Worte und die Musik spiegeln etwas von unserer Seele wider. Die Musik ist die Projektion meines inneren Schwingens auf ein Instrument. Durch das Zusammenspiel von Lyrik und Musik versuchen wir als Ordensleute in uns und den Menschen eine spirituelle Dimension anzusprechen… Ist für Euch die Lyrik und die Musik eine Form des Gebetes? Andreas: Im Gebet bringe ich einem Du, ja Gott gegenüber, mein Innerstes zum Ausdruck. Ich habe oft religiöse Themen in meiner Lyrik und das ist für mich eine Art von Gebet. Ich drücke etwas ganz Persönliches aus und trete in Beziehung zu einem Du. Die Fragen stellte Christian Braunigger SJ

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