Jesuiten 2020-1

18 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2020 n MACHT Ignatius und der Gebrauch von Macht Nach Ignatius von Loyola ist der Ordensmann ein ganz bescheidener, demütiger, gehorsamer Diener der Kirche. Andererseits hat Ignatius einen strengen Leitungsstil eingeführt, der immer „monarchisch“ ist, d.h. es entscheidet einer. Der Ordensmann, der gerade ein Oberenamt bekleidet, hat also im Grunde sehr viel Macht. Wie geht das zusammen? Allgemein gesagt, bedeutet Macht auszuüben, dass jemand seinen Willen auch gegen den Willen des anderen durchsetzen kann. Nun will der treue Jesuit andererseits verfügbar sein, d.h. er macht sich bereit, sich dahin senden zu lassen, wo man ihn braucht. In einem gewissen Maß verzichtet er also darauf, seinen eigenen Willen erfüllt zu bekommen; im Gegenteil: Er lässt andere über sich verfügen. Wenn daher ein Oberer ihn sendet, braucht dieser im Grunde gar keine Macht auszuüben, denn er muss ja nichts durchsetzen gegen den Willen des anderen. Es geht also weniger um Macht, sondern um diese Verfügbarkeit, man kann sie auch innere Freiheit nennen – ein hohes Ideal, um das wir Jesuiten ein Leben lang ringen müssen. Gegen zu viel Macht der Oberen gibt es nach Ignatius außerdem strukturelle Gegengewichte: Obere werden häufig ausgewechselt – wer einige Zeit „oben“ war, ist danach wieder „unten“. Jeder Obere muss sich durch einen „Konsult“ – ein Beratungsgremium – hinterfragen und helfen lassen. Gute und offene Kommunikation aller Beteiligten ist mit klaren Regeln eingeführt. Gegen Entscheidungen hat man immer die Möglichkeit der Beschwerde. Diese Gegengewichte helfen zum Umgang mit der Macht: Ja, es gibt in Gemeinschaften immer Macht, aber sie kann gut und zum Wohl aller ausgeübt werden. Und nach außen? Man sagt den Jesuiten eine Nähe zu Mächtigen nach. Ja, Ignatius wollte in seiner Bildungsarbeit – durch Schulen und Universitäten – eine Elite bilden, also Männer (Frauen damals leider noch kaum), die verantwortlich handeln und Führung übernehmen in Kirche und Gesellschaft. Diese Elite hat dann Macht. Aber Ignatius wollte diese Männer immer so bilden, dass sie ihre Macht gut ausüben: mit Respekt gegenüber Untergebenen, für das Wohl aller Menschen, für die Gerechtigkeit. Übrigens stellte auch die Beratung der Mächtigen von Anfang an eine wichtige Aufgabe der Jesuiten dar: an den Höfen der Barockzeit ebenso wie heute an vielen Orten durch ethische Reflexion, durch Wissenschaft, durch Schulungen. Hier gelten dieselben christlichen Grundwerte: die Würde aller, der Einsatz für Glaube und für Gerechtigkeit, für Friede und für die Bewahrung der Schöpfung… Nur wer seine Macht so gebraucht, kann nach Ignatius mit ruhigem Gewissen seinen Auftrag erfüllen.

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