Jesuiten 2020-1

6 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2020 n MACHT Pastorale Macht im Kampf um das Wasser Während wir um den Küchentisch im Pfarrhaus sitzen und die nächsten Schritte im Kampf um gutes Wasser für alle planen, prasselt der Regen auf das Metalldach. Es ist paradox: Ich bin zu Gast in einer der fruchtbarsten Regionen des subtropischen Mexikos. Traditionell werden hier Bananen und Kakao angebaut, was dem Ort seinen Namen gab: Plátano y Cacao. Mangos wachsen am Straßenrand. Ein bekanntes Lied besingt Tabasco als den „Garten Eden“. Doch seit vor 50 Jahren die ersten Ölbohrungen in der Region begannen, sinkt der Grundwasserspiegel und der landwirtschaftliche Ertrag geht zurück. Statt aus eigenen Brunnen muss das Trinkwasser nun aufwendig aus dem Fluss gepumpt und gefiltert werden. Jetzt möchte die Regierung das örtliche Wasserwerk privatisieren. Viele erwarten eine teure und unzuverlässige Wasserversorgung. Die Menschen erleben ohnmächtig, wie innerhalb von zwei Generationen ihre Lebensgrundlage versickert, wie sich vorher unbekannte Krankheiten ausbreiten und wie sich einige wenige auf Kosten der anderen unglaublich bereichern. Gewalt und Korruption nehmen zu. In dieser Situation ist die katholische Kirche an der Seite der Armen: In den Räumen der Gemeinde werden schon seit vielen Jahren Informationen ausgetauscht, Menschen können ihre Beobachtungen teilen und Zusammenhänge benennen. Ein Jesuitenbruder bietet seit fünf Jahren eine Ausbildung an, um die Kenntnisse der einheimischen Bauern weiterzugeben. Er zeigt, wie Kompost hergestellt und Bewässerungsanalagen aus wiederverwerteten Materialien gebaut werden. Die Pfarrei hat mit europäischen Spenden pilotweise einen Wasserbrunnen mit Reinigungsanlage installiert. Eine Gruppe von Frauen bildet sich in medizinischen Fragen weiter und betreibt im Pfarrheim eine Naturheilpraxis und eine kleine Apotheke, zu der Menschen aus der ganzen Region kommen. Als vor fünf Jahren die Enzyklika „Laudato Si“ erschien, fühlten sich die Menschen in ihrem Anliegen weiter unterstützt. Papst Franziskus erinnert daran, dass der Mensch nicht beliebig in die Natur eingreifen darf, denn er würde sich eine Macht anmaßen, die ihm nicht zusteht. Die menschlichen Wurzeln der ökologischen Krise haben mit dieser Machtfrage zu tun, wenn nämlich die „Wirklichkeit in einen bloßen Gebrauchsgegenstand und ein Objekt der Herrschaft“ (12) verwandelt wird, weil jegliches Handeln unter der „absoluten Herrschaft der Finanzen“ (189) steht. „Die Politik darf sich nicht der Wirtschaft unterwerfen, und diese darf sich nicht dem Diktat und dem effizienzorientierten Paradigma der Technokratie unterwerfen.“ (189) Der Papst fordert eine Änderung der Lebensstile und eine Haltung der Achtsamkeit gegenüber den Schwachen und ermutigt zu einer authen-

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