Jesuiten 2020-2

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Corona-Pandemie stellt alles auf den Kopf und vieles in Frage. Das Jahr 2020 werden wir so schnell nicht vergessen: Bilder vom Papst auf dem menschenleeren Petersplatz kursieren ebenso wie Kurvendiagramme, singende Menschen auf Balkonen und Leichen, für die kein Platz ist, von denen sich keiner verabschieden konnte – Gefühle von Solidarität, Unsicherheit, Hoffnung und Angst liegen gleichermaßen in der Luft. Die Corona-Pandemie ist eine Schwelle: Es wird ein Davor und ein Danach geben. Politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich, persönlich und auch kirchlich. Die Kirche ist stärker in die eigenen vier Wände, in die sozialen Medien im Internet und vielleicht auch aus dem Bewusstsein gerückt. Was bleibt, wird sich zeigen. Die Kirche wandelt sich und hat sich immer wieder gewandelt, verändert und erneuert. Oft eher zu spät als zu früh und nicht immer ganz freiwillig. Aber zur Kirche gehört Verwandlung, Rückbesinnung auf den Ursprung, Reform – ecclesia semper reformanda. Reform meint nicht nur den Prozess einer Institution, sondern auch einen persönlichen Weg. Wie sich im Laufe eines Lebens das Gottesbild verändern muss, damit Gott relevant bleibt und nicht mit einem Schatten oder einer Projektion verwechselt wird, muss sich das Kirchenbild im Laufe eines Lebens und im Laufe der Geschichte verändern, damit Kirche relevant bleibt und kein Schreckgespenst wird. Mit diesem Heft möchten wir dazu anregen, über das eigene Kirchenbild nachzudenken. Welche Erinnerungen, Bilder und Metaphern tauchen vor meinem inneren Auge auf, wenn ich an die Kirche(n) denke? Welche Bilder helfen mir, dem Eigentlichen der Kirche näherzukommen, wo hindert mich ein Bild und von welchen Vorstellungen muss ich mich lösen oder muss sich auch die Kirche als Gemeinschaft und Institution lösen? Der synodale Weg ist durch das CoronaVirus sogar aus dem Fokus der kirchlichen Öffentlichkeit verschwunden. Gleichzeitig zeigt diese Zeit deutlich, dass Kirche sich verändern muss (und kann?), wenn sie „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen Gentium, 1) sein will. Vielen Dank an alle, die auch in diesen Zeiten zum Erscheinen dieses Heftes beigetragen haben! Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre. Dag Heinrichowski SJ Holger Adler SJ 1 JESUITEN n JUNI 2020 n KIRCHENBILD[ER]

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