Jesuiten 2020-3

Apokalypse … und die Wahrheit dahinter „Apokalypse“ – das Wort hat Hochkonjunktur, nicht erst in jüngster Zeit. Naturkatastrophen, Klimakapriolen, Gewaltexzesse, Kriege, Flüchtlingsströme, Epidemien, Massensterben und vieles mehr werden so auf den Begriff gebracht. Schreckens- und Bedrohungsszenarien von gewaltiger Dimension und überwältigender Intensität sind in unserer Vorstellung untrennbar damit verbunden. Wer von Apokalypse spricht, hat den Untergang der Menschheit und der Welt, ja des gesamten Universums vor Augen. Und das nicht von ungefähr, nehmen doch schon in der sogenannten Apokalyptik und in den als Apokalypse bezeichneten Schriften der Antike derart negative Bilder, die Erwartung kosmischer Krisen und die Schilderung des radikalen Welt- enendes breiten Raum ein und prägen sich im Lauf der Überlieferungsgeschichte tief in das allgemeine Bewusstsein ein. Der griechische Begriff apokálypsis bedeutet aber eigentlich „Offenbarung“, „Enthüllung“ und meint die Kundgabe, das Aufdecken von Verborgenem. Gewiss: Auch Katastrophen und existenzbedrohliche Plagen können bislang Verborgenes zum Vorschein bringen, ökologische Ausbeutung etwa oder soziale Missstände. Im Verständnis jener frühchristlichen Schrift, die im Neuen Testament als Apokalypse bekannt ist, geht es im Grunde allerdings um eine Offenbarung ganz anderer Art. Die Bilder von Zerstörung, Drangsal und Untergang stehen hier nicht im Mittelpunkt. Trotz breiter Ausgestaltung sind sie bestenfalls Begleiterscheinungen dessen, worum es dieser Schrift in Wahrheit geht. „Offenbarung (apokálypsis) Jesu Christi“ ist sie – so steht ganz zu Beginn zu lesen (Offb 1,1) – und eine Offenbarung, eine Botschaft, die von Gott selbst kommt. Was ihr Verfasser Johannes auf mitreißende Weise in bilderreichen Visionen zum Ausdruck bringt, versteht sich als eine prophetische Tiefenschau und letztgültige Sinndeutung der Geschichtsereignisse und als ein Aufdecken jener Kräfte, die tatsächlich das Weltgeschehen bestimmen: keine esoterische Geheimbotschaft also, kein unergründliches Buch mit sieben Siegeln, sondern Offenlegung jener göttlichen Wirklichkeit, die hinter den Dingen liegt! Äußerlich beeindruckende und zugleich bedrohlich vereinnahmende Mächte auf Erden, die absolute Verfügungsgewalt und uneingeschränkte Verehrung für sich einfordern, werden in der Johannesoffenbarung als zerstörerische, ja teuflische Größen entlarvt. Die Gefährdung, die von diesen Mächten für Christinnen und Christen ausgeht, ist begrenzt, allem Anschein zum Trotz. Ihre Macht ist im Grunde bereits gebrochen durch die Lebenshingabe Jesu am Kreuz. Jesus Christus wird den Glaubenden herrlich und machtvoll vor Augen gestellt. Und Gott selbst wird als der präsentiert, der alles 2 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2020 n APOKALYPSE

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