Jesuiten 2020-4

auch unterschiedliche Qualitäten und Begabungen kennengelernt habe, höre ich zunächst auf künstlerischer Ebene gerne zu. Tatsächlich ist die rhythmische Präsenz und die klangliche Qualität des Arabischen berückend. Das gläubige Erleben, dass hier ein Wort von außen an mich herantritt und zugleich innerlich ergreift, ist mir ästhetisch nachvollziehbar. Zugleich kann ich die künstlerische Qualität nicht vom Inhalt trennen. Und da weiß ich natürlich schon gerne, was gerade rezitiert wird. Nicht zu allem kann ich Ja sagen – mein Hören ist eben nicht nur Überwältigtwerden, sondern auch eine eigenständige Antwort, die ich verantworten muss. Aber natürlich gibt es Passagen des Koran, die ich auch als Christ bejahen kann. Und wenn diese mit Liebe und Aufmerksamkeit rezitiert werden, warum sollte ich dann nicht auch hier zum mitbetenden Hörer des Wortes werden? So gilt auch für dieses Hören ein jesuitisches Je nachdem. So wie es der Islamwissenschaftler und katholische Theologe Hans Zirker einmal schrieb: Es gilt, „die Rede aufmerksam zu hören, die den Muslimen Ereignis von ,Gottes Wort‘ ist und vielleicht auch christliche Leser − unter ihren Voraussetzungen, in bestimmten Hinsichten − als ,Gottes Wort‘ ansprechen kann.“ Tobias Specker SJ 9 JESUITEN n DEZEMBER 2020 n HÖREN

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