Jesuiten 2020-4

agieren, mir bescheuerte Videos anzugucken, ins Gespräch einzusteigen und nicht einfach darauf hinzuweisen, dass hier auch Leute versuchen zu arbeiten und das Büro kein Aufenthaltsraum ist. Mit jungen Menschen: Jugendliche und junge Erwachsene bei der Gestaltung einer hoffnungsvollen Zukunft begleiten – so lautet die dritte von vier Präferenzen, die der Generaloberer nach ausführlichen Beratungen für die weltweite Gesellschaft Jesu bestimmt hat. Zugegeben, ich habe etwas gebraucht, um mich mit den vier Präferenzen anzufreunden. Ein Schlüssel ist für mich die oben beschriebene Erfahrung. Die Jugendlichen als Präferenz zu haben, bedeutet, sie zu präferieren, sie zu bevorzugen. Vor der ToDo-Liste, vor der „Arbeit“, vor meinem Bedürfnis nach Ruhe und Ordnung. Bei einer Präferenz geht um Sympathie, gemeinsame Erlebnisse, der Suche nach einer „gemeinsamen Wellenlänge“. Jugendliche zu begleiten, bedeutet ihnen Freiräume zu schaffen. Dieser Freiraum braucht einen Rahmen, in dem etwas passieren kann, man sich ausprobieren kann und Fehler machen darf, in dem Begegnung und Verantwortungsübernahme möglich sind: Menschen für andere werden – das ist das ist die Überschrift für das, was ignatianische Jugendarbeit möchte. Um ein Mensch für andere zu sein, muss ich wissen, wer ich eigentlich selbst bin und sein will. Die Vorbemerkung der Exerzitien, die Aussage des Anderen eher retten zu wollen, als sie gleich zu verurteilen (vgl. EB 22) ist ein Leitmotiv für die Begleitung junger Menschen: Anfragen, die sich an den überlieferten Glauben, seine Ausdrucksformen und seinen Sinn stellen, können als Distanzierung oder sogar Angriff verstanden werden. Oder sie werden als Fragen gehört. Die Antwort liegt nicht in druckreifen Sätzen, sondern im Angebot und Freiraum, die eigene Fragen ernst zu nehmen, erste eigene Antworten zu formulieren und vor allem eigene Erfahrungen zu machen, die einen in den Kontakt mit dem je größeren Gott bringen können. Die Erfahrung mit mir selbst und mit den anderen in meiner Gruppe können zu Orten der Gottesbegegnung werden. Dabei kann auch die Erfahrung gemacht werden, dass ich selbst eher gerettet als verurteilt werde. Ein privilegierter Ort dafür sind die ignatianische Jugendexerzitien. 31 JESUITEN n DEZEMBER 2020 n HÖREN © SJ-Bild Die Zukunftswerkstatt SJ ist ein spirituelles Angebot speziell für junge Erwachsenen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==