Jesuiten 2021-3

SCHWERPUNKT 9 Gemeinsam leben – gemeinsam entscheiden Wenn Menschen zusammenleben, gibt es häufig unterschiedliche Meinungen. Adela Mahling hat eine Lösung entwickelt: das systemische Konsensieren, kurz SK-Prinzip. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Konsenslotsin und begleite Gruppen auf dem Weg zu einer tragfähigen Lösung. Besonders gern werde ich von Lebens- und Wohngemeinschaften, sowie Eigentümer*innen-Gemeinschaften angefragt. Menschen, die zusammenleben, haben beschlossen, viele existenzielle Entscheidungen gemeinsam zu fällen. Sie haben viel Erfahrung mit mühsamen oder gescheiterten Prozessen gemacht und sind auf der Suche nach neuen Ansätzen. Ich arbeite mit dem SK-Prinzip® (SK für Systemisches Konsensieren). Dieses regt einen heilsamen Paradigmenwechsel an: Vom Erfolgsfaktor Dominanz zur Gemeinwohlorientierung. Damit gelingt es auch heterogenen Gruppen in verhältnismäßig kurzer Zeit, gute Lösungen statt lauer Kompromisse zu entwickeln. Wenn wir mit dem SK-Prinzip entscheiden, gehen wir zunächst in eine kreative Lösungssuche. Dann messen wir die verbleibende Unzufriedenheit aller Beteiligten – und das zu jedem Vorschlag, einschließlich dem, untätig zu bleiben. So erhält die Gruppe drei wichtige Informationen: 1) Welchen Weg muss sie einschlagen, um die Unzufriedenheit am kleinsten zu halten? 2) Wie viel Verbesserung würde dieser Weg bringen im Vergleich dazu, es beim Alten zu lassen? 3) Wie weit ist dieser Weg noch von einer Lösung, mit der alle restlos zufrieden sind, entfernt? Wenn es sinnvoll ist, können Vorbehalte betrachtet werden und der Gruppe die Möglichkeit gegeben werden, sie zu adressieren. So wird ein konsensorientierter konstruktiver Dialog gefördert. Nein zu sagen und zu hören verliert seine Bedrohlichkeit, denn wir können diesen Widerstand als kreatives Potential nutzen, ohne die Entscheidungsfähigkeit zu verlieren. Wir werden motiviert, die Anliegen aller zu beachten, statt ihre Bedenken durch Machtkämpfe unwirksam zu machen. Die Würdigung einer Person zeige sich in der Würdigung ihres Neins, wie der Ko-Entwickler des Verfahrens, Erich Visotschnig, sagte. So oft habe ich erlebt, wie Co-Housing-Gruppen erleichtert aufatmen, denn die Streitigkeiten sind beigelegt, ein gangbarer Weg hat sich herauskristallisiert und die bis dato blockierte Umsetzungsenergie freigesetzt. Ob es nun um die neue Nutzungsordnung, die längst fälligen Baumaßnahmen oder die Vergütung von Eigenleistungen geht: Entscheiden ist entscheidend. Es hat Einfluss auf die Qualität und die Tragfähigkeit des Beschlusses. Es ist Zeit, dass wir uns dessen bewusstwerden und Verfahren nutzen, die unserer Gesellschaft und ihren Herausforderungen gewachsen sind und unser Zusammenleben fördern, statt es zu erschweren. Adela Mahling Adela Mahling, lebt in Berlin und ist freiberufliche Moderatorin, Prozessbegleiterin und Ausbilderin für das SK-Prinzip. Partizipation liegt ihr am Herzen. www.konsenslotsen.de © BrasilNut1 iStock.com

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