Jesuiten 2021-4

SCHWERPUNKT 20 Abenteuer Schlaf Der Schlaf als „Assistent" im Exerzitienprozess Im Schlaf kann viel passieren. Das zeigt die Geschichte von Josef der die schwangere Maria verlassen wollte (Mt 1,18-24). Er hatte gründlich nachgedacht und kam zu dem Schluss, dass es für alle Beteiligten besser sei zu gehen. Soweit – so gut. Vernunft hat ihren berechtigten Platz im Leben – bei Tag! Nur leuchtet sie nicht alles aus, was wir Menschen brauchen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Und wenn der Verstand zu viel Macht hat, bleibt dem Heiligen Geist manchmal nichts anderes übrig, als den Menschen im Schlaf zu überraschen und ihm seine Weisungen im Traum kundzutun! So hat er Josef im Traum die Weisung gegeben, bei Maria zu bleiben. Was wäre geschehen, wenn er diesen Traum nicht ernst genommen hätte? Was damals galt, das gilt auch heute. Oft staunen wir in der Begleitung unserer Exerzitanten, wie der Heilige Geist nachts in den Träumen durch Exerzitien führt. So erinnere ich (Annette Clara) mich an einen Traum eines Exerzitanten, den ich als Schlüsseltraum für den damaligen Exerzitienprozess kennzeichnen möchte. Ein Mann steht auf dem Dach eines riesigen Hochhauses. An der Basis des Wolkenkratzers befindet sich eine Frau. Sie gibt Anweisungen für den Abstieg. Die Außenwand des Gebäudes ist glatt, es fehlen Haltegriffe. Der Mann hat Angst vor diesem steilen Abstieg. Die Frau ermutigt ihn dennoch und der Mann wagt es. Im Abstieg realisiert er, dass es doch einzelne Halterungen gibt und er gelangt schließlich sicher auf den Boden. Während der Exerzitien konnte das hohe Dach als ein inneres Thema identifiziert werden. In Stille, Gebet und Mitteilung in der geistlichen Begleitung kam der Exerzitant wieder auf dem Boden seiner Realität an. Dieser Abstieg befreite ihn und ließ ihn das Fundament seines Lebens, das Christus ist, wieder entdecken. Der Traum stärkte ihn, sich seinen Ängsten zu stellen und mit Vertrauen auf dieses Fundament eine andere Richtung einzuschlagen. Es stimmt: „Den Seinen gibt‘s der Herr im Schlaf.“ (Ps 127,2). Es gibt den Schlaf auch in einer Schattenvariante. Viel Schlafen oder Dösen während der Exerzitien kann auch auf innere Widerstände gegenüber schmerzlichen Realitäten hinweisen. Zum Beispiel werden fällige Entscheidungen auf diese Weise aus dem Bewusstsein verbannt, um sie nicht umsetzen zu müssen. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Hier ist die Unterscheidung der Geister

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