Jesuiten 2021-4

SCHWERPUNKT 8 Schlafe, mein Kindchen schlaf ein… Für viele Kinder ist Einschlafen eine Herausforderung. Die Angst vor dem „kleinen Tod" hält sie wach. Auch im Internat des Kollegs St. Blasien tun sich die Schüler*innen manchmal schwer, berichtet die Internatspädagogin Maria Kiefer. Das Protokoll eines Nachtdienstes. Meine kleine Enkeltochter liegt in ihrem Bettchen und kuschelt unter der Decke. Irgendwie will der Schlaf noch nicht eintreten. Kleine Geschichten erzähle ich ihr, doch dann wird daraus ein kleines Liedchen, das ich einem Mantra ähnlich wiederhole. Selig schlummert die Kleine ein (und ich selbst fast auch). Im Kolleg St. Blasien leben über 250 Mädchen und Jungen, diese werden rundum betreut. In den Nächten sorgen wir Kolleginnen und Kollegen auch für die Nachtruhe. Zumeist ist es ruhig, aber im Fall des Falles reicht so ein kleines Liedchen nicht. Ein Nachtdienstprotokoll: Es ist 23:30 Uhr, ich bin auf meinem Rundgang und höre Stimmen in einem Zimmer. Dort treffe ich drei Jungs aus der 7. Klassenstufe an, sie sitzen an einem kleinen Tischchen, mit Taschenlampenbeleuchtung und Schokoriegeln ausgestattet. Meine Frage kann daher nur lauten: „Jungs, was macht Ihr denn hier zu so später Stunde?“. Die Antwort: „Wir haben nach den Ferien noch gar keine Zeit gehabt, uns mal zu erzählen, was wir so alles erlebt haben." Mit einem inneren Schmunzeln bitte ich die Jungs, jetzt aber schnell ins Bett zu gehen, schließlich müssen sie spätestens um 6:30 Uhr aufstehen. 1:30 Uhr, jetzt wird es richtig laut; in der Gruppe der Abiturienten findet gerade eine Party statt. Musik ertönt, Stimmen im Flur, plötzlich scheppert etwas. Hoppla, es wurde tatsächlich bemerkt, dass ich da bin. Schnell wird alles eingesammelt, dunkle Schemen verschwinden, Türen schließen. Ich klopfe bei Tobi an, der liegt unter der Decke und stellt sich schlafend. Eine gemurmelte Entschuldigung soll alles ungeschehen machen – das wird sich am nächsten Tag noch einmal klären müssen. Die Nachtdienstdame bei den Mädchen kann ähnliches berichten. In der Gruppe der Zehntklässlerinnen tobt ein Streit: es geht um Freundschaften. Bis da wieder Ruhe einkehrt, das kann dauern. In der Gruppe 11 ist die Flori krank. Die Kollegin bringt ihr die vorbereitete Medizin, sitzt an ihrem Bett und redet ihr gut zu. Flori schläft wieder ein, später wird die Kollegin noch einmal nach ihr sehen. Zwei Zimmer weiter erklingen fröhliche Stimmen aus einem Handy. Kaum zu glauben, aber daneben liegt das dazugehörende Mädchen – längst eingeschlafen. Gott sei Dank! Vorsorglich wird das Handy im Büro deponiert. Manchmal ist es eine Tasse Tee, eine Wärmflasche, ein wenig Reden, wir vom Kollegium sind für alle Fälle vorbereitet und ja, wir würden auch ein Liedchen singen. Maria Kiefer Maria Kiefer ist seit 2011 Internatspädagogin im Kolleg St. Blasien. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Betreuung der chinesischen und ausländischen Schüler*innen. Daneben engagiert sie sich in der Mitarbeiter*innenvertretung. Sie ist Mutter und Großmutter und lebt in der Nähe von St. Blasien.

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