Jesuiten 2022-2

SCHWERPUNKT 12 Dem Gott des Lebens Antwort geben Die Klimakrise ist allgegenwärtig. Sei es am Nordpol, im Amazonas oder im Schwarzwald. Doch die Bilder der sterbenden Umwelt machen Jonas Linz SJ auch gleichgültig und er stellt sich die Frage, was eigentlich dahintersteckt. Draußen in der Natur, beim Spazierengehen durch den Schwarzwald, der das Kolleg St. Blasien umgibt, bete ich gerne. Hier zwischen den Bäumen begegne ich Ihm, der sich mir in der Schöpfung schenkt. Im rauschenden Bach und den moosbewachsenen Bäumen kann ich Gott finden. Hier wohnt Er. Hier staune ich über den, der der ganzen Schöpfung Leben gibt. Wenn ich dann durch den Schwarzwald gehe, sehe ich auch viele vertrocknete Bäume. Tote Bäume – Opfer der Dürre. Beim Anblick der Baumgerippe sind plötzlich die sterbenden Korallen vor Australiens Küste ganz nah. Plötzlich sind der Nordpol und der Eisbär, unter dem das Eis wegschmilzt, nicht mehr weit weg. Ich sehe die Folgen der Klimaerwärmung, die Folgen der Handlungen von uns Menschen, direkt vor meiner Haustür. Gott hat uns ins Leben gerufen und erhält die Schöpfung am Leben. Wir bringen ihr den Tod. Das stimmt mich bitter. Zugleich spüre ich auch Ohnmacht. Ohnmacht angesichts der Komplexität des Problems, angesichts einer Maschinerie, die nicht mehr aufzuhalten ist. Das Gefühl der Ohnmacht ist wie ein Ort, an den kein Licht dringt. Das Empfinden kommt einer Todeserfahrung gleich. Verliert ein Mensch sein Bewusstsein und fällt in Ohnmacht, wirkt er leblos. Im Gefühl der Ohnmacht, der Hoffnungslosigkeit redet – ignatianisch gesprochen – der böse Geist zu mir. Der gute Geist gibt Hoffnung – auch angesichts von Hoffnungslosigkeit: „Wer im Dunkel lebt und wem kein Licht leuchtet, der vertraue auf den Namen des HERRN und verlasse sich auf seinen Gott.“ (Jes 50,10) Ich kenne aber nicht nur Ohnmacht, wenn ich auf die Klimakrise blicke. Manchmal spüre ich bei mir auch eine Gleichgültigkeit. Die Bilder von Dürren und Unwetterereignissen, die ich fast tagtäglich sehe, sind schon alltäglich geworden. Ich habe mich an die Krise gewöhnt, bin der Mahnungen der Aktivisten und Wissenschaftler müde. Nehme ich diese Gleichgültigkeit in mir wahr, muss ich mich im Grunde fragen, ob ich wirklich mit glaubendem Herzen auf die Geschöpfe blicke, die vom Klimawandel bedroht sind. Denn der „Glaubende betrachtet die Welt […] von innen her und erkennt die Bande, durch die der himmlische Vater uns mit allen Wesen verbunden hat“ (Laudato Si, 220). Die Gleichgültigkeit ist eine Form der Beziehungslosigkeit. Ich vergesse, dass ich eingebunden bin in ein größeres Ganzes: die Schöpfung. Der Klimawandel bedroht Pflanzen und Tiere, die – wie mich selbst – der Schöpfer ins Leben gerufen hat. Die Klimakrise gefährdet aber nicht zuletzt auch Menschen, und zwar vor allem die Armen. Meine Mitmenschen also, die wie ich selbst Kinder Gottes sind. Die Auseinandersetzung mit der Gleichgültigkeit lässt sich zuspitzen auf die Frage: Bin © Katharina Gebauer

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==