Jesuiten 2022-2

SCHWERPUNKT 11 Katja, die die Körperspender*innen betreut, und mir. In diesem Moment wird für uns Lehrende und Studierende aus dem alkoholfixierten Präparat wieder ein Mensch, weil wir auf die Angehörigen treffen, die lange auf diesen Tag warten mussten und oft erst jetzt abschließen können. Wir sprechen das auch offen aus, bitten um Entschuldigung und versuchen zu erklären, welcher Segen auf jeder Körperspende liegt. Wir bilden zwölf bis 15 Studierende an einem Präparat aus: Die werden in 38 Berufsjahren an 250 Tagen im Jahr jeweils – sagen wir – 40 Patient*innen begegnen, die davon profitieren werden, wenn ein Ultraschallkopf aufgesetzt, ein Röntgenbild interpretiert, ein Stethoskop auf Bauch, Lunge oder Herz gelegt wird. Unsere Studierenden wissen, was sie diesen Menschen zu verdanken haben und finden jedes Jahr neue Wege, den Familien diese Dankbarkeit zu zeigen. Nach der Feier laden die Studierenden die Familien zu Kuchen und Kaffee vor der Kirche ein, und wir bekommen viele neue Anfragen von Menschen, die uns ihre Körper vermachen wollen. Ich bin ein religiöser Mensch und fühle mich wohl in dem, was ich tue. Die Toten begegnen mir nicht in Albträumen, denn der Körper ist nur der Kahn, mit dem wir durchs Leben gleiten. Wenn die Seele ihn verlässt, ist er eine Leiche, wird aus dem Körperspender eine Körperspende. Und wenn seine Seele auf uns herabblickt, und die leuchtenden Augen und die Ehrfurcht der Studierenden sieht, wird er froh sein mit seiner Entscheidung. Das glaube ich oft zu spüren. © Katharina Gebauer Ingo Bechmann ist Professor und Leiter des Instituts für Anatomie an der Universität Leipzig. Mit großer Begeisterung verfolgt er Fußballspiele am Fernseher und manchmal im Stadion. Außerdem ist er ein leidenschaftlicher Gitarrist und Gitarrensammler.

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