Jesuiten 2023-3 (Deutschland-Ausgabe)

Weniger ist mehr Essen im Sinn von Nahrung ist für den Menschen überlebenswichtig. Ohne Nahrung kann der Mensch zwar leben und überleben – und zwar deutlich länger als ohne Wasser –, aber er verliert natürlich an materieller Körpersubstanz. Ignatius von Loyola machte im Jahr 1522 seine ihn prägenden speziellen Erfahrungen. Nach langen Jahren des höfischen Luxus erlebte er als Offizier seine Bekehrung durch eine Kanonenkugel. Denn bei der Verteidigung der Festung Pamplona wurde sein Knie durchschossen. Auf dem Krankenlager im Schloss Loyola, mit schweren Verletzungen ans Bett gefesselt, durch lebensbedrohende Krisen hindurch, unter vielfachen Schmerzen, spürte er eine tiefe, trostvolle Hinwendung zu Jesus als seinem neuen Herrn. Um diese Bekehrung innerlich und äußerlich mit Leben zu füllen, begab er sich auf eine Reise ins Heilige Land. Er reiste durch Nordspanien bis einige Kilometer vor Barcelona. Dort blieb er fast ein ganzes Jahr im Dorf Manresa. In dieser Zeit fastete er übermäßig, kasteite sich körperlich, lebte mit vielen seelischen Skrupeln, praktizierte strenge Bußregeln und lebte seinen Selbsthass aus. Er fastete so stark und massiv, dass er sich eine Magenkrankheit zuzog, die ihn für den Rest seines Lebens begleitete. Diese extreme Form des Fastens wurde ihm zur Lehre. Ein gesundes Maß grenzt sich ab vom opulenten Lebensstil der Zeit vor seiner Bekehrung, den Ignatius unbedingt vermeiden wollte. Später verlangte er von seinen Mitbrüdern, dass sie maßvoll fasten sollten, mit Gelassenheit, ohne Übertreibung. So gilt auch heute: Wer für sich ein Zeichen setzen will, sollte beim Essen wie beim Fasten Maß halten. Es unterstützt die Gesundheit und fördert einen mittleren Weg, der lebbar und fruchtbar ist. Zwar hat das Fasten eine lange biblische und kirchliche Tradition, es ist aber in der Gegenwart stark in den Hintergrund getreten. Es ist quasi ausgewandert – in Fastenkliniken, in Fastenkurse und Klosterprogramme. Gesamtkirchlich ist es noch in der Fastenzeit zu finden. Auch auf der geistlichen Ebene hat Ignatius seine Einsicht festgehalten. In den Geistlichen Übungen (GÜ) schreibt er: „Nicht das Vielwissen sättigt die Seele und befriedigt sie, sondern das Verspüren und Verkosten der Dinge von innen her“ (GÜ 2). Auch der Hunger der Seele nach Sinn, Erfüllung und Gott will gestillt werden. Das Verlangen nach Gottesnähe, Liebe und Erfahrung von Beziehung wird erfüllt durch Tiefe und Intensität, nicht durch zahlenmäßige Menge. Weniger die Zahl der Gebete, Opfer oder Werke stiftet Intimität mit Gott, sondern eine erfahrbare Nähe zu Jesus Christus. Diese geistliche Nahrung wird für viele Menschen erfahrbar in der Stille, der Meditation, im kontemplativen Gebet. Die persönliche Suche nach Gott findet Erfüllung in der Stille der Begegnung mit Christus, die zur Nachfolge führt. Schon im Alten Testament stellt besonders der Prophet Jesaja den Zusammenhang zwischen gerechtem Verhalten und Fasten dar: Das Fasten, das Gott liebt, besteht in Befreiung von Unrecht, Aufnahme von Obdachlosen, Teilen von Brot (!) und dem Bekleiden von Nackten (Jes 58,5–8). Jesus selbst fastete in der Geistlicher Impuls 22 GEISTLICHER IMPULS

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