Jesuiten 2024-1 (Schweiz-Ausgabe)

ckeln. Dabei arbeiten wir eng mit dem Zentrum für Ignatianische Pädagogik in Ludwigshafen zusammen, dem Kompetenzzentrum des Ordens für Bildung. Geht das denn, das Profil von Jesuitenschulen stärken, ohne – oder mit immer weniger Jesuiten? Was heißt ohne? Jesuiten als Lehrer, als Seelsorger, oder in der Leitung von Schulen? In Belgien sind Patres seit langem schon fast nur noch in den Aufsichtsgremien der Schulen vertreten. Das ist sicher nicht optimal. Die Schulen bleiben dennoch unverkennbar ignatianisch. Natürlich sollen und werden sich Jesuiten in unseren Schulen weiterhin stark einbringen – soweit es halt angesichts eines kleiner werdenden Ordens geht. Die ignatianische Bildungstradition und die jesuitischen Prinzipien sind allerdings so stark und wertvoll, dass sie auch weit über den Orden hinauswirken. So gibt es viele Frauen und Männer, die die ignatianische Spiritualität kennen, sie leben, die Schulen prägen. Unsere Schulen haben in der Erziehungstradition und in der Spiritualität der Jesuiten ein einzigartiges Profil in der Schullandschaft. Und genau das wollen wir fördern und stärken: dass unsere Schulen auch mit weniger aktiv dort tätigen Patres ihren Markenkern bewahren und ausbauen. Vielleicht etwas altmodisch ausgedrückt: im Dienst an einer lebenswerten Welt für alle. Was ist das genau, das speziell jesuitische Bildungsprofil? Bildung gehört seit Jahrhunderten zur DNA der Gesellschaft Jesu – neben der Weitergabe des Glaubens. Dabei sind Wissensvermittlung und Persönlichkeitsbildung eng miteinander verbunden. Ziel ist es, dass die Schülerinnen und Schüler nicht nur fachlich gut vorbereitet werden auf ihr Leben, sondern unsere Schulen auch als unterscheidungs- und entscheidungsfähige und verantwortungsbereite junge Menschen verlassen. Was heißt das konkret? Was die Jesuitenschulen besonders auszeichnet, sind in meinen Augen vier Aspekte: Zum einen stärken wir Schülerinnen und Schüler in der Erfahrung ihrer Würde. Zum anderen ist es nicht unser Ziel, dass die Schüler möglichst viel lernen, sondern dass sie immer auch über den Sinn des Gelernten nachdenken, sich vertieft damit befassen, es hinterfragen und reflektieren, ganz in der jesuitischen Ordenstradition. Drittens ist es uns wichtig, Gerechtigkeit in der kleinen und großen Welt in den Blick zu nehmen, sei es bei der Notengebung oder beim Thema Armut. Und viertens wollen wir die Frage nach Gott wachhalten. Die genannten Punkte gelten selbstverständlich nicht nur in unseren Schulen, sie sind also nicht exklusiv, aber für uns entscheidend. Interview: Gerd Henghuber Gabriele Hüdepohl hat in Bonn, Tübingen und Jerusalem Theologie und Germanistik studiert. Sie wurde 1995 Lehrerin am Canisius-Kolleg in Berlin, dessen Schulleiterin sie von 2007 bis Juli 2023 war. Ehrenamtlich engagierte sich Gabriele Hüdepohl über viele Jahre in kirchlichen Gremien mit dem Schwerpunkt „Frauen in der katholischen Kirche“. 33 VORGESTELLT

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==