Jesuiten 2010-2

14 Jesuiten Schwerpunkt: Religionsfreiheit Schwerpunkt Religionsfreiheit und Katholische Kirche Überlegungen zu einem schwierigen Verhältnis Bis in die 1960er Jahre hinein tat sich die Katholische Kirche nicht leicht mit der Religionsfreiheit – einerseits wegen ihres Glaubens an die Einzigartigkeit der Offenbarung in Jesus Christus als Weg,Wahrheit und Leben (Joh 14,6) und wegen seines Missionsbefehls (Mt 28,16-20),andererseits durch ihre Geschichte als politische und gesellschaftliche Macht. Aus der kleinen,verfolgten jüdischen Sekte war bis zum Mailänder Toleranzedikt Kaiser Konstantins 313 eine Größe geworden,mit der der römische Staat – Religionen gegenüber tolerant,solange Kaiser- und Staatskult anerkannt und praktiziert wurden – immer mehr rechnen musste. Ihre Verteidiger wie Tertullian forderten im Namen der Religion Religionsfreiheit,denn mit der freien Annahme des Glaubens war Zwang unvereinbar,und verwiesen gleichzeitig auf die Treue und Zuverlässigkeit der christlichen Untertanen. Erst der endgültige Durchbruch des Christentums am Ende des 4.Jahrhunderts brachte eine Wende. Denn nun war es selbstverständlich geworden,dass Kirche und christlicher Staat eng zusammenarbeiteten,während andere Religionen und Kulte nur noch mit Duldung rechnen durften.Auch half der Staat, innerkirchlich Häretiker zu disziplinieren und Schismatiker gewaltsam in die Kirche zurückzuführen – eine Entwicklung,die sich eher negativ auf die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihreVerkündigung auswirkte. Obwohl im Mittelalter prinzipiell an der altkirchlichen Lehre von der freien Glaubensannahme festgehalten wurde und Thomas von Aquin diese Lehre sogar noch vertiefte, indem er die Würde des irrenden Gewissens betonte,das es zu tolerieren gelte,sah die Praxis mit Inquisition und Kreuzzügen oft anders aus. Die Reformation brachte eine weitere Zuspitzung.Denn nun kämpften mehrere Kirchen – eine jede mit dem Anspruch,die einzig wahre Kirche zu sein – um die Seelen der Menschen.Hatten die Reformatoren gegenüber der Papstkirche zunächst die Freiheit der Gewissen betont,so verschärfte sich auch hier zusehends der Zwang nach innen. Das Zeitalter der Konfessionalisierung kannte keine Freiheit in Sachen der Religion,allenfalls minimale Toleranz wie im Augsburger Religions- (1555) oder imWestfälischen Frieden (1648) war möglich.Denn auch der neuzeitliche Staat hatte ein Interesse daran,die Religion seiner Untertanen zu kontrollieren. Erst Aufklärung und Französische Revolution führten zu einer Neupositionierung im Verhältnis von Kirche und Religionsfreiheit – wenn auch zunächst in einer verstärkten Frontstellung.Aufklärer und Revolutionäre sahen in der Kirche den verlängerten Arm des Ancien Régime,eine Institution,die zu sehr mit der monarchischen Staats- und Gesellschaftsform verbunden war,und die es nun unter den neuen Vorzeichen von Demokratie und Menschenrechten umzubauen galt.Dass hierbei Konflikte ausgefochten wurden,war absehbar.Spätestens durch die Entführung Pius VI. 1797 schien der Bruch zwischen den Idealen der Revolution und der Katholischen Kirche unüberwindbar.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==