Jesuiten 2010-3

8 Jesuiten Schwerpunkt: 68 – Jahre des Umbruchs Wladiwostok“, Durchhalteparolen, stramm antikommunistisch.Und die anderen waren vor allem anders,wahrlich keine „Linken“, aber eben jünger, moderner, der Welt zugewandt,interessiert an Drittwelt-Fragen, offen für Experimente,Religion und Glaube wurde neu buchstabiert:„Andere Lieder wollen wir singen,feiern das Fest der Befreiung.Der Herr führt uns in neues Land,die Träume werden wahr.“ (Alois Albrecht,Peter Jansens, 1972) Und dann,so denke ich im Nachhinein,hatte ich unheimlich viel Glück,mit den richtigen Begleitern und in guten Strukturen unterwegs zu sein.Der Kaplan,die ND-Gruppe (später KSJ),die unzähligen Zeltlager, Wochenenden und Aktivitäten.Als es in der Schule nicht so rund lief,haben meine Eltern eine Reduzierung der Aktivitäten durchgesetzt – und ich habe mich gegen den Fußball und für die verbandliche Jugendarbeit entschieden.Mit 15 Jahren schon durfte ich zum Gruppenleiterkurs;sehr früh durfte ich Verantwortung übernehmen.Die Sommerferien habe ich über Jahre in Zeltlagern verbracht; die Wochenenden gehörten der KSJ. Meine Eltern und mit ihnen viele andere standen sicher oft ratlos neben dem,was wir da so anstellten und welche Ideen wir verfolgten;und es gab auch heftig Krach und Streit (zum Beispiel als ich 1980 unbedingt bei der Gründung der Freien Republik Wendland dabei sein wollte); aber sie haben zum Glück die Bedeutung der Tatsache erkannt, dass wir etwas machen und wie wir es machen. Und jetzt? Nach bald acht Jahren als Kollegsdirektor in St.Blasien? Ist das ein verklärter oder verklärender Blick zurück? Nein,ich denke nicht.So erinnere ich das eben,wissend,dass es anderen ganz anders ergangen ist. (DieTatsache, dass ich Ende Mai am „Eckigen Tisch“ auch eigenen Klassenkameraden gegenüber saß,treibt mich um.) Aber was ist nun aus meinem „Glück“ geworden ist,wo ich doch jetzt verantwortlich dafür bin,dass Mathearbeiten zu schreiben und bitte auch abzugeben und zu benoten sind.Was wäre denn,wenn heute eine Schülerin ...? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass Freiheit und Verantwortung meine Schlüsselworte geblieben und immer mehr geworden sind im pädagogischen Tun.Wer Kindern und Jugendlichen eine erwachsene und verlässliche Beziehung anbietet,bietet,so hoffe ich,die Chance zu Wachstum, zu eigenem Urteil, zu eigener Agenda, zu Kreativität, zu selbstbewusstem Ja Sagen – und zum Nein. ■ Johannes Siebner SJ Johannes Siebner 1982 in Berlin Foto: privat ∂© Kolleg St. Blasien Kollegsdirektor Pater Siebner SJ mit Schülern in St.Blasien

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==