Jesuiten 2010-4

12 Jesuiten Schwerpunkt: Heiliger Alltag Schwerpunkt Gemeinsam essen und trinken Ein aus frischen Zutaten liebevoll zubereitetes Gericht langsam zu essen – das heißt für mich genießen und mit den Sinnen erleben,wie Gott mich stärkt.Es ist schon ein erstaunlicher physiologischer Vorgang, wie aus der wohlschmeckenden Nahrung etwas Eigenes wird, das mir Energie und Lebenskraft gibt. Im Alltag essen wir oft zu viel und zu schnell. Manche sind magersüchtig und essen zu wenig. Das kleine Wörtchen „zu“ lässt aufhorchen.Es deutet darauf hin,dass es um eine maßlose Weise der Befriedigung von Bedürfnissen geht,die einem letztlich nicht gut tut. „Ungeordnete Anhänglichkeiten“ unter dem Schein des Guten würde Ignatius von Loyola es nennen.Weil er selbst erfahren hat,wie bedeutsam der richtige Umgang mit dem Leib für das geistliche Leben ist,gibt er im Exerzitienbuch einige Hinweise,in denen es um das rechte Maß des Essens und Trinkens geht. Weniger ist oft mehr,wenn der Alltag auf die geistliche Dimension hin durchsichtig werden soll. „Die Einheit von Seele und Leib, wenn sie den Geist Gottes aufnimmt,macht den geistlichen Menschen aus.“ (Irenäus von Lyon) Eine dieser „Regeln,um sich für künftig beim Essen zu ordnen“ macht mir besondere Freude und richtet mich innerlich auf.Ignatius schlägt vor,dass man sich während des Essens vorstellt,wie Christus mit den Aposteln isst und trinkt, wie er schaut und wie er spricht, und dass man ihn nachahmt.Ich überlege manchmal, wer an meinem Tisch sitzt und wohl Petrus ähnlich wäre,wer Johannes oder Andreas.Was wir heute zu bereden hätten? Oder was Christus mir durch den,der mit mir am Tisch sitzt, jetzt sagen möchte? Denn nicht nur die Kalorien,Vitamine,Proteine und Ballaststoffe oder der Genuss und Geschmack gehören zu einem guten Essen, sondern auch eine wesentliche weitere Dimension: die Tischgemeinschaft. Das alltägliche Essen in der Kommunität,in der Familie oder mit Freunden ist ein Zeichen der Einheit,wenn man miteinander teilt und sich gegenseitig mitteilt.Eine solche Mahlzeit erinnert an das Mahl der Einheit in der Eucharistie.„Wo immer wir essen,sollte darum etwas Festtägliches auch noch über dem Mahl des Alltags liegen.Es ist das Fest des Alltags.Denn es kündet von der Einheit,in die hinein sich alles und alle bergen wollen,in der alle bewahrt und aus ihrer Einsamkeit befreit werden,es spricht im Alltag leise, aber doch vernehmbar,vom Gastmahl des ewigen Lebens.“ (Karl Rahner) ■ Christian Modemann SJ Sich in der Tischgemeinschaft einander mitteilen © Monkey Business

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