Jesuiten 2011-2

8 Jesuiten Schwerpunkt: Liebe Schwerpunkt Wie Priester lieben Freiheiten und Grenzen Wie liebt der zölibatär lebende Priester – und wie liebt er besser nicht? Denken Sie,wenn Sie „Priester“ und „Liebe“ hören, als erstes an Skandale und Heimlichkeiten? Jeder hat mal gehört vom Seminaristen X, der es mit dem Zölibat nicht so genau nimmt, von PaterY, der eine homosexuelle Beziehung pflegt, und von Pfarrer Z, der mit einer langjährigen Lebensgefährtin zusammen lebt. Um all das geht es hier nicht. Und es geht auch nicht darum, dass der Priester sich mühen möge, Gott aus ganzen Herzen zu lieben und den Menschen, mit denen er als Seelsorger oder als Dienstgeber zu tun hat, gut zu sein. Ich will etwas dazu sagen, wie ein Priester in nahen Beziehungen Liebe leben kann. Intimität und Transzendenz Dabei setze ich voraus:Jeder Mensch und folglich auch jeder Priester benötigt für eine gute menschliche und geistliche Entwicklung Erfahrungen von Intimität und Transzendenz. Mit „Intimität“ meine ich beim zölibatären Priester natürlich nicht genitale Intimität. Sondern ich denke an nahe und bedeutungsvolle Beziehungen, in denen er so sein kann, wie er wirklich ist, also ohne Masken und ohne dass er vorrangig in seiner beruflichen Rolle und seiner kirchlichen Funktion gesehen wird. In wirklichen Freundschaften wird der Priester seine eigenen Zweifel und Unsicherheiten ausdrücken und mit den Menschen teilen können, die ihm als Freundinnen und Freunde geschenkt sind.Wenn er einen guten Kontakt zu seinen Gefühlen hat, auch zu den herzlichen und zärtlichen, wird er sie situationsund menschen-angemessen ausdrücken können.Wo das nicht möglich ist, wird er wegen des Wertes seiner priesterlichen Berufung auf ihre Befriedigung verzichten. Überflüssig zu sagen, dass er die Nähe anderer und die liebevollen Gefühle anderer ihm selbst gegenüber nicht missbraucht als Bausteine für die eigene Identitätsentwicklung. Konzentrische Kreise Man kann sich bildlich die Beziehungen, die ein Mensch lebt, wie vier umeinander liegende Kreise vorstellen. Im innersten Kreis ist für jemanden, der verheiratet ist, die eigene Familie angesiedelt. Man bildet miteinander eine gemeinsame Lebensgeschichte. Das geht mit allzu vielen Menschen schon deswegen nicht, weil dazu die Kräfte nicht reichen. Der zweite Kreis drum herum ist der Freundeskreis. Mit seinen Freunden bildet man keine gemeinsame Lebensgeschichte.Aber man begegnet sich immer wieder und teilt Freud und Leid miteinander. Im dritten schon mehr äußeren Kreis sind Bekannte und Arbeitskollegen. Experten sagen, dass ein Mensch maximal 150 andere Menschen näher kennen kann.Wer auf seiner Facebook-Seite feststellt:„ich habe 2.147 Freunde“, hat also einen etwas anderen Begriff davon. Und im vierten und äußersten Kreis findet sich die Öffentlichkeit. Beim Priester bleibt der innerste Kreis leer. Er führt als Zölibatärer mit niemandem eine intime Partnerschaft und bildet in diesem innersten Kreis mit niemandem eine gemeinsame

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