Jesuiten 2011-2

16 Jesuiten Schwerpunkt: Liebe Schwerpunkt Was bleibt von der Liebe? Seit der Schulzeit bin ich mit Franz befreundet; ich wusste auch um Inge, die er sehr früh liebte und von der er ein Kind bekam. Später heirateten die beiden, vielleicht zu früh. Aber gemeinsam haben sie dann zwei gescheite, liebenswerte Kinder groß gezogen. Die Wege der Ausbildung und des Berufes haben uns für einige Zeit auseinander gebracht. Aber in einer süddeutschen Stadt begegneten wir einander neu; ich wurde Freund der Familie und fühle mich bei Inge, Franz und den beiden Kindern freundschaftlich aufgenommen. Ich verheiratete die Kinder und taufte die nächste Generation. Irgendwann kam Franz zu mir als Freund, aber vielleicht auch als Priester. Er gestand mir, dass er nach dem Fall der Mauer durch seineTätigkeit Kontakte zu einer Frau hatte, die er beruflich sehr schätzte. Seine auswärtigen Termine und Sitzungen machten es ihm leicht, mit dieser Frau ein Verhältnis zu beginnen, von dem er meinte, Inge würde dies nicht merken. Es kam aber, wie es kommen musste: Inge spürte, dass da etwas nicht stimmte. Sie wurde argwöhnisch, sie stellte ihn zur Rede; er leugnete anfangs, später gab er zu, dass er eine Affäre hatte. Natürlich gab er vor, es sei alles vorbei. Aber es war nicht zu Ende. Und durch den Argwohn seiner Frau und seine Unehrlichkeit entstand zu Hause eine Atmosphäre, die es beiden schwer machte, sich glücklich zu fühlen. Sie versuchten es durch schöne Reisen. Aber das Gefühl der gegenseitigen Geborgenheit war dem Argwohn gewichen, ob man sich gegenseitig vertrauen könne. Als Freund beider wurde ich manchmal als Vermittler eingeschaltet: Ich sollte beteuern, dass Franz Inge wirklich liebt; ich sollte überbringen, dass Inge alles durchschaute und Grund hatte, weiterhin zu misstrauen. Ich hatte von Anfang an das Glück, dass beide akzeptierten, dass ich zwar deutlich sagte, auf wessen Seite die Schuld lag. Aber ich durfte beider Freund bleiben. Es war wohl der Versuch bei- © Engine Images

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==