Jesuiten 2011-2

2 Jesuiten Schwerpunkt: Liebe Schwerpunkt Mehr lieben und leben „Liebe ist nicht nur ein Wort, Liebe das sind Worte und Taten.“ Wenn Jugendliche dieses Lied singen, wissen sie ganz genau, was damit gemeint ist und worauf es ankommt. Allerdings ahnen nur wenige, dass es seinen Ursprung in den Geistlichen Übungen hat. Am Ende von Exerzitien drückt sich die Frucht der Exerzitien darin aus, worin man imVerlauf des Prozesses gewachsen ist. Mit der letzten Übung, der Betrachtung, um Liebe zu erlangen, fasst der Übende die Zeit der Stille und des Gebets zusammen, um ausgehend davon sein Leben und seinen Alltag zu gestalten. Die erste und wichtigste Erkenntnis dabei lautet: „Die Liebe muss mehr in die Werke als in die Worte gelegt werden.“ (GÜ 230) Der Bildungsprozess der Geistlichen Übungen muss demnach von der Ein-Bildung zur Aus-Bildung, vom Ein-Üben zum Aus-Üben übergehen. Liebe, die einer in den Exerzitien empfangen und die ihn durchdrungen, gestärkt, geformt und gewandelt hat,muss danach getan und ins Werk gesetzt werden. Als Zweites soll man erkennen, dass „Liebe in Mitteilung von beiden Seiten besteht: dass der Liebende dem Geliebten gibt und mitteilt, was er hat, oder von dem, was er hat oder kann; und genauso umgekehrt der Geliebte dem Liebenden“. (GÜ 231) Geistliche Übungen sind also dazu da, die Liebe Gottes und zu Gott zu erleben und diese beiderseitige Liebe leben zu lassen, indem man sich hingibt im Dienst an den Nächsten. Gegen Ende der Schulzeit machen die meisten unserer Schüler Besinnungstage, bei denen sie darin eingeführt werden, was Exerzitien sind. Die Kurzformel dieser Zeit der Einkehr lautet: „Mehr leben“ und „Mehr lieben“.DieseWorte sind Zuspruch und Anspruch zugleich: Mehr lieben, das bedeutet für einen Jugendlichen, sich als von Gott und seinen Mitmenschen geliebt und angenommen zu erfahren. Ausgehend davon ist es ihm möglich, das, was er empfangen hat, mehr und mehr einzustudieren und auszuprobieren, sich ein-zuüben in seinem Wissen, seinen Fähigkeiten und seinen Eigenschaften und dies auch aus-zuüben, indem er das Gute,Wahre und Schöne verinnerlicht und es zugleich anderen in Wort und Tat mitteilt. Er greift dann aus Liebe nach den Sternen, wenn er nicht allein für sich und nach seinem eigenenVorankommen strebt, sondern nach der größeren Ehre Gottes, die untrennbar mit der Nächstenliebe zusammenhängt und ihren Ausdruck findet in der Solidarität mit den Benachteiligten sowie im größeren Einsatz für seine Mitmenschen. Soll die Liebe mehr in die Werke als in die Worte gelegt werden, bedarf es der discreta caritas: Das Kriterium der klugen Liebe hilft, beim Handeln weder in übertriebenen Aktionismus bzw. erhitzten Übereifer zu verfallen noch in erkaltete Routine bzw. leidenschaftslose Gleichgültigkeit zu geraten. Mehr leben, das bedeutet für einen Jugendlichen, eine gewandelte und veränderte innere Haltung gegenüber der Realität und seinem Dasein als Ganzem einzunehmen. Diese Haltung drückt sich darin aus, dass er interessierter ist an den Phänomenen,Abläufen und Zusammenhängen der natürlichen Dinge, dass er

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