Jesuiten 2011-3

10 Jesuiten Schwerpunkt: Altwerden Schwerpunkt Wandel des Jesusbildes „Als ich ein Kind war,redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war.“ Diese Worte des Apostels Paulus in 1 Kor 13,11 fallen mir ein, wenn ich über den Wandel meines Jesusbildes im vorgerückten Alter nachdenke. In meiner Jugendzeit war Jesus vor allem der göttliche Lehrer und Meister. Ich begegnete ihm in den Gottesdiensten und Sakramenten der Pfarrgemeinde und war fest davon überzeugt, dass die katholische Kirche der eine Heilsweg sei, den Gott für alle Menschen bestimmt habe. Ich wollte so gut wie möglich dazu beitragen, dass alle diesen Weg fänden und gehen würden. Sogar unsere Laienspiele hatten dieses Ziel: etwa die Hirten an der Krippe, die Gestalt des Pilatus, die Bekehrung des Saulus. Nachdem ich inzwischen fast 80 Jahre alt geworden bin, denke ich mehr an Jesu Abschiedsreden als an sein irdisches Leben. Mich fasziniert etwa seine Rede in Joh 16,7: „Es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden.“ Manche fragen sich, was Jesus eigentlich damit sagen will. Deshalb halte ich die Erklärung des bekannten Kirchenlehrers Augustinus für berechtigt: „Es ist, als würde er sagen: ich wohne zwar als fleischgewordenesWort unter euch,aber ich will nicht,dass ihr mich noch fleischlich liebt und Kinder sein wollt, die mit dieser Milch zufrieden sind … Wenn ich euch die leichten Speisen,mit denen ich euch nährte, nicht entziehe, werdet ihr nicht nach fester Speise verlangen … Ihr könnt den Geist nicht fassen, solange ihr fortfahrt, Christus dem Fleische nach zu kennen.“ Was Augustinus hier meint, könnte man auch etwa so ausdrücken: Unser Blick muss immer wieder neu auf die befreiende Gabe Gottes selbst gerichtet werden. Alles in der Zeit Erlebte ist doch nur ein Gleichnis. Die christliche Offenbarung besteht jedenfalls nicht aus einem abgeschlossenen Komplex von Sätzen. Der Heilige Geist erinnert uns zwar an alles, was Jesus seinen Jüngern gesagt hat (Joh 14,26). Aber gerade deshalb glaube ich, dass wir dasWort vom guten Fortgehen Jesu wirklich ernst nehmen sollten.Wenn schon er von sich sagt „Es ist gut für euch, dass ich fortgehe“, dann gilt das in ähnlicher Weise auch von seinen Nachfolgern. Diese sollen gewiss nicht verantwortungslos davonlaufen, sich aber in ihrer vorläufigenVergänglichkeit auch nicht zu wichtig nehmen. Zweifellos habe ich im Alter auch andereWorte Jesu vor Augen, etwa „Ich bin die Tür“ (alMit dem Kreuz tragenden Herrn Je älter ich werde, desto mehr verstehe ich, was Ignatius von Loyola damit meinte, Gefährte des kreuztragenden Herrn zu sein.Wenn ich merke, dass ich nicht mehr so arbeiten kann wie früher, möchte ich das realistisch annehmen:Aber nicht als Reduktion, sondern als Anruf in die Nähe des Herrn. Ich bemühe mich, immer deutlicher den roten Lebensfaden, den der Herr mit mir in meinem Leben gegangen ist, zu erspüren und zu erkennen: wie der Herr in allem mitgegangen ist und wie er mich geführt hat.Aus dem heraus, was er in meinem Leben wachsen ließ, kann ich immer wieder anderen Menschen beistehen und helfen. Klaus Peter SJ, Leipzig

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