Jesuiten 2011-3

14 Jesuiten Schwerpunkt: Altwerden Schwerpunkt Freiwilliges soziales Jahr mit 60 Nach über 30 Jahren als Lehrerin an der Schule wollte ich mir endlich den seit meiner Jugendzeit bestehenden Wunsch erfüllen und einmal ein Jahr im Ausland leben. Warum so spät? Meine Mutter starb vor drei Jahren, meine Kinder sind erwachsen. So fühlte ich mich frei, um mir zum 60. Geburtstag eine Auszeit zu schenken. Ich plante, nach Lateinamerika zu reisen und Spanisch zu lernen. Alleine reisen stellte ich mir langweilig und einsam vor. Und lernt man dabei die Menschen und ihre Kultur kennen? Da ich gern arbeite, mich wohl fühle, wenn ich aktiv sein kann, beschloss ich, mit einer Organisation ins Ausland zu gehen und freiwillig zu arbeiten. Das Unterfangen stellte sich als schwieriger heraus als ich dachte. Für die meisten Projekte war ich zu alt. Die Organisation „weltweit“ der Jesuiten erschien mir die beste zu sein, und hier spielte das Alter zum Glück keine Rolle. Es gab vier Wochenendseminare, in denen die „Volunteers“ auf ihre Einsätze äußerst kompetent vorbereitet wurden. Ich war mit Abstand die Älteste, womit weder ich noch die anderen Probleme hatten.Wir waren eine interessante Gruppe von 22 Menschen,Abiturientinnen, Studenten und Berufstätige, Musiker, ein Psychologe, eine Ärztin, ein Computerspezialist und andere. Selten habe ich bei einer so großen Gruppe von Menschen so viel Sympathie und Nähe empfunden. Es war eine wertvolle Erfahrung, dass ein gemeinsames Anliegen – helfen zu wollen und sich mit der Ungerechtigkeit und Armut auseinander zu setzten – verbinden kann. Im August ging es dann los. Mein Einsatzort war Buenos Aires. Ich war ziemlich aufgeregt, was mich dort erwarten würde.Vor Ort gab es keine Einrichtung, in der ich arbeiten würde, sondern einen Slum, in dem ich mir meine Aufgaben selbst suchen musste. Man hatte mich auf Grund meines Alters für diesen Einsatzort ausgewählt, weil ich bis auf einen katholischen Pfarrer als Ansprechpartner selbständig arbeiten musste. Meine Arbeit im „Campo“ gestaltete sich vielfältig. Ich half in einem Comedor (Suppenküche), besserte Kleidung aus und nähte Patchworkdecken für eine Sozialstation der Caritas. Zwei Nachmittage in der Woche malte und bastelte ich mit Kindern. Zeit- und Kommunikationsprobleme Zwei Projekte scheiterten mehr oder weniger. Den Frauen im Campo bot ich an, einen Nachmittag zusammen zu malen und Handarbeiten zu machen, mit der Idee, diese Sachen auf dem Markt zu verkaufen. Leider musste ich die Erfahrung machen, dass es den Frauen kaum möglich ist, aus dem häuslichen Rahmen auszubrechen. Zum einen war es ein Zeitproblem, zum anderen scheint man als Frau einfach nichts selbständig zu machen. Mein Lieblingsprojekt „Campo limpio“, sauberer Campo, klappte nur ansatzweise. Ich versuchte die Bewohner des Campo zu motivieren, die überall herumliegenden Plastikflaschen zu sammeln und in einer Recyclingstation zu verkaufen. Man verdient mit dieser Tätigkeit ungefähr soviel wie ein einfacher Arbeiter. Die Erwachsenen beteiligten sich nicht an dem Projekt, aber die Kinder halfen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==