Jesuiten 2011-3

16 Jesuiten Schwerpunkt: Altwerden Schwerpunkt Vom Tod sprechen – ein Tabuthema im Alter? Wenn wir vom kommenden Tod eines Mitbruders sprechen, dann wird es still bei uns allen. Erzähle ich in unserer Seniorenkommunität, was ich gerade bei einem Sterbenden erlebt habe, dann gibt es Schweigen. Es bedrückt uns, und still hoffen wir glaubend auf Gottes Nähe. Wir sprechen also in unserer Kommunität gewöhnlich nicht über den Tod. Aber wenn einer im Sterben liegt, dann gehen wir zu ihm und beten.Aus diesen Erfahrungen möchte ich einige Begebenheiten vom Sterben berichten. Ein Mitbruder pflegte in seinem Leben einige tiefe Freundschaften. Daher kamen ihm immer wieder Gedanken, wie das Leben mit diesen Menschen weiter gehen wird, nach seinem Tod. In seiner „Heiligen Schrift“ fand ich ein Blatt, auf das er selbst geschrieben hatte: „Trennung.Was ist das eigentlich?Wenn durch den Tod Trennung kommt zwischen einem Menschen und mir? Ist das dann wirklich eine ‘Trennung’. Oder sind wir im ‘göttlichen Bereich’ einander näher als je? Ist dann alles nicht wirklicher als je zuvor? Ist das nicht die Zeit des wahren Trostes? La vie immédiate?“ Also war er voller Hoffnung und Erwartung auf den Tod und die Auferstehung durch den lebendigen Gott. Dies spürten wir, als wir ihm 14 Tage vor seinem Tod die Krankensalbung spendeten. Dabei hat er sich selbst ruhig bekreuzigt. Er wartete auf seinen Tod. Vier Tage vor dem Tod eines anderen Mitbruders hatte man in der Pflegestation eine Notärztin gerufen. Denn er atmete mehrfach eine halbe Minute lang nicht mehr, und wir konnten mit ihm nicht mehr sprechen. Die Ärztin sagte, dass er sein Leben bald beenden wird. Dann berieten wir, ob er wieder in ein Krankenhaus eingeliefert werden sollte. Das fanden wir zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gut. So blieb er in seinem Zimmer des Altenheims und lag ruhig im Bett. Dann kamen einige Mitbrüder und beteten bei ihm. Danach blieb ich weiter bei ihm und betete aus einem Gebetbuch von Huub Oosterhuis „Augen, die mich suchen“, das ich schon einige Jahre lang immer nutze, wenn Kranke gesalbt werden oder Menschen im Sterben sind. Oft habe ich den Mitbruder in den Wochen zuvor im Krankenhaus besucht und ihn gefragt, ob er einen Wunsch habe. Dann sagte er mir und anderen immer wieder: „Ich wünsche mir ewige Seligkeit!“ Also wünschte er sich den Tod und das ewige Leben. In dem Gebetbuch von Oosterhuis steht: „Möge mich begleiten all das Gute, Versöhnung Ein wichtiges Thema im Alter istVersöhnung. Im Nachdenken über das eigene Leben können Erinnerungen aufkommen, dass manches schiefgelaufen ist.Auch wächst der Wunsch nach harmonischen Beziehungen mit den Kindern, den Geschwistern oder mit deren Ehepartnern:Wie schön wäre es, wenn wir uns doch verstehen könnten! Es kann doch nicht sein, dass ich mit meiner Tochter nicht richtig sprechen kann! Manchmal ist es nicht mehr möglich, ein missglücktes Verhältnis wieder zu richten: Etwa wenn der, mit dem man sich versöhnen möchte, verstorben ist. Dann ist wichtig, in guter Weise darüber trauern zu lernen, loslassen zu können und irgendwann nicht mehr nachzutragen.“ Markus Franz SJ, Dresden

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