Jesuiten 2011-4

Dezember 2011/4 Jesuiten 9 erfahren haben, dass diese Beziehung ein tragfähiges Fundament unseres Lebens ist, der wir uns bedingungslos anvertrauen können. Das klingt fromm und einfach, falsch ist es deshalb aber noch lange nicht. Wer die Bibel liest, der lässt sich auf eine Beziehung ein, die Beziehung mit dem Wort Gottes. Auch wenn das Gelingen dieser Beziehung nicht allein von unserem Engagement abhängt, sind hierfür zwei Grundhaltungen notwendig, in die wir uns einüben müssen: erstens das Absehen von unseren eigenen Vorstellungen, Wünschen und Vorurteilen, und zweitens die Bereitschaft, sich Schritt für Schritt dem Wort Gottes anzuvertrauen und auf seine Anrede zu hören. Die Erfahrungen, die wir dabei machen, sind nicht ungewöhnlich. Selbstverständlich sind sie aber auch nicht. Sie sind wie ein Geschenk, dem wir mit Respekt und Aufmerksamkeit begegnen sollten. „Freundschaft gibt es nicht ohne Hören“, sagte einst der Zisterziensermönch Wilhelm von St. Thierry. Dies trifft auch auf das Bibellesen zu. Wer die beziehungsreiche Bedeutung der Botschaft der Bibel erfahren und verstehen will, der muss sich in ein „hörendes Lesen“ einüben. Das „hörende Lesen“ der Bibel lädt uns dann schon nach kurzer Zeit dazu ein, die lebensfördernde Kraft des Wortes Gottes nicht nur wahrzunehmen, sondern uns von ihm auch in Dienst nehmen zu lassen. Wilfried Dettling SJ Schwerpunkt Absichtslosigkeit Haltung und nicht Werkzeug als Voraussetzung, damit Seelen sich öffnen Das Gespräch beginnt mit der üblichen Nervosität und dem Herantasten an das Thema der Stunde. Nach einer gewissen Zeit des Gesprächs über die Thematik, in der all das Rüstzeug und die Methodik eines Therapeuten ihren Platz haben, lade ich Herrn Mayer in den Bewusstseinszustand der inneren Achtsamkeit ein. Ich schlage vor, Herr Mayer möge seine Aufmerksamkeit von der Themenstellung und von allem, was wir bisher dazu ausgearbeitet haben, wegnehmen und sie auf sich, auf sein gegenwärtiges körperliches Erleben richten. Er könne sich einige entspannende Atemzüge gönnen und das ganze Problem „draußen“ lassen. In diesem „Freiraum“ bitte ich Herrn Mayer, er möge alles zusammennehmen, was wir bislang erarbeitet haben. Er kann auch noch das dazu nehmen, was er nicht weiß, und was doch zumThema gehört – und auch noch alles, was kommen wird, alles „Zukünftige“ dieses Themas. „Lassen Sie das alles ein Ganzes werden und halten Sie ihre Aufmerksamkeit im Brustund Bauchraum – und verweilen Sie mit dem Ganzen eine kleine Weile“. So, oder ähnlich hört sich dann diese Focusing-Intervention an, die den „Felt-Sense“ aktiviert, das Körperwissen anregt – um sich nach einem kleinen

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