Jesuiten 2011-4

Dezember 2011/4 Jesuiten 13 Schwerpunkt Das innere Team Wir haben viele innere Stimmen, die sich zu den unterschiedlichsten Anlässen melden können. Manchem wird erst dann klar, dass es in seinem Inneren eine ganze Welt gibt. Wann habe ich zum letzten Mal mein inneres fröhliches Kind gehört? Wann habe ich mich um meine zarten und verletzten Bereiche gekümmert? Oder wann hat mein innerer Protestierer mich vor diesem oder jenem gewarnt? Im Alltagsbewusstsein nehme ich all diese Stimmen nicht wahr. Ich bin darauf konzentriert, meinen Tag zu bewältigen. Doch es gibt sie, und sie wollen mir helfen, Freiheit einzuräumen, meine Wünsche zu koordinieren. Das „innere Parlament“ kennt jeder, der schon mal eine Entscheidung treffen musste. Da kommen die Befürworter und die Gegner zu Wort. Manchmal werden über Tage hinweg lange Debatten geführt. So wie es ein inneres Parlament gibt,kann es auch ein inneresTeam geben. Probleme, Krisen, Rückschläge schlagen mich erst einmal nieder. Ich fühle mich down. Jeder Mensch erlebt Belastungen, kleine und große Katastrophen, oder hat mit Phasen zu kämpfen, in denen man glaubt: „Das schaff ich nicht.“ Oder: „Ich will es ändern, aber ich kann es nicht.“ Doch plötzlich meldet sich jemand in mir zu Wort: meistens ein leises, zartes Gefühl, oder auch nur die Ahnung davon. Es gibt innere Helfer, nicht nur einen, sondern manchmal eine ganze Reihe,die auch noch gut zusammenarbeiten können. Und jeder von ihnen hat seine eigene Stimme, die ich exemplarisch vorstelle: Der Optimismus, der sagt: „irgendwie werde ich es trotzdem schaffen“. Die Akzeptanz: „OK, so ist es halt. Es gefällt mir da teilweise gar nicht, aber es ist so.“ Die Lösungsorientierung: „Was genau wird mir helfen, da herauszukommen?“ Die Vertreibung aus der Opferrolle: „Genug gejammert. Es ist schwer, aber ich krempel jetzt die Ärmel hoch.“ Die Verantwortung: „Ich entscheide das jetzt so, und wenn es schief geht, werde ich daraus lernen und es das nächste Mal besser machen.“ Die Orientierung nach Unterstützern: „Was ich allein nicht schaffe, das schaffen wir eben zusammen.“ Und die Zukunftsplanung: „Die Richtung stimmt. Da geht’s lang.“ Es können bei jedem ganz andere Stimmen sein, oder auch viel mehr. Sie klingen zusammen wie ein Team, verstehen sich untereinander, kennen sich, wissen um den anderen. Sie können das ganz leicht einmal ausprobieren, wer da so bei Ihnen mitspricht! In Beratungs- und Therapiegesprächen wende ich diese Methode immer wieder an. Sie geht auf die vorhandenen Ressourcen ein. Denn oft ist der Blick festgelegt auf das Problem und seine Beschreibung. Mein inneres Team hilft mir in meiner Wirkmächtigkeit, mit dem Problem umzugehen. Mein inneres Team hat sogar einen Chef – und der bin ich! Holger Adler SJ

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