Jesuiten 2011-4

14 Jesuiten Schwerpunkt: Bewegungen der Seele Schwerpunkt Von Schafen und Hirten „Aber an Gott habe ich immer geglaubt!“, beteuert mir die ältere Dame, die vor langer Zeit aus der Kirche ausgetreten ist und jetzt wieder eintreten möchte. Sie schaut mich freundlich an und doch ist eine Spur von Selbstbehauptung in ihren Worten nicht zu überhören. Es dürfte ihr auch nicht ganz leicht gefallen sein, zu einem Vertreter der Institution zu gehen, mit der man gebrochen hatte, um diesen Schritt rückgängig zu machen. „Schön, dass Sie wieder dabei sein wollen! Das freut mich, aber erzählen Sie doch mal: Was hat Sie denn damals bewogen, aus der Kirche auszutreten?“ Meist war es der Ärger über einen Kirchenvertreter, sei es der Pfarrer vor Ort oder der Papst in Rom. Auch eine zu strenge katholische Erziehung, die zu viele lebenswidrige Vorgaben machte und von der man sich erst einmal lösen musste, um sein Eigenes zu finden, wurde immer wieder genannt. Nicht ansprechende Gottesdienste, die einen leer zurückließen, hatte ich erwartet zu hören, sie waren aber kein ausreichender Grund, diesen gewichtigen Schritt zu tun, höchstens das i-Tüpfelchen. In Berlin kam noch die Mode dazu, alle seien „damals“ ausgetreten. Fehlt noch die Steuer. Sie kam oft, aber nicht selten folgte auf diese Begründung ein verlegenes Lächeln, als ob man dem eigenen Argument selbst nicht ganz Glauben schenken würde. Na ja, man sei jung gewesen und konnte jeden Pfennig brauchen, aber letztlich sei es nicht wegen des Geldes gewesen, man war an religiösen Fragen einfach zu wenig interessiert oder meinte, dafür keine Institution zu brauchen. „Ich habe gemerkt, ich bekomme das nicht alleine hin, an Gott glauben.“ Das ehrliche Eingeständnis verblüffte mich und rührte mich zugleich an. Ein vierzigjähriger Mann will wieder dabei sein und macht keinen Hehl daraus, dass sein Kirchenaustritt ihn nicht weitergebracht hat. Im Gegenteil, alles sei im wahrsten Sinne des Wortes immer unverbindlicher geworden und eine junge Frau meint: „Ich will einfach wieder ganz dazugehören.Wenn ich jetzt in einen Gottesdienst gehe, dann fühle ich mich, als ob ich mir etwas erschwindeln würde, es stimmt so einfach nicht!“ Lebenserfahrungen Ist erst einmal das Eis gebrochen, dann erzählen die Menschen aus ihrem Leben. Sie berichten davon, dass der Himmel bei der Geburt ihres Kindes spürbar gegenwärtig war oder, dass sie sich tief drinnen gehalten fühlten, selbst als der Arzt die befürchtete Diagnose aussprach. Sie erinnern sich an Stoßgebete, dieWirkung zeigten und erzählen von Fehlern, die lange zurückliegen, die ihnen

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