Jesuiten 2011-4

Dezember 2011/4 Jesuiten 17 Geistliche Begleitung ist eine frei eingegangene Beziehung zweier Erwachsener. Geistliche Begleitung hat eine feste Form und einen Rahmen, der nicht verlassen wird. Auf diese Weise entsteht eine Beziehung, die von der vereinbarten Aufgabe – die Gottesbeziehung des/der Begleiteten zu stützen – getragen wird und nicht auf Emotionen, Sympathien oder Freundschaft aufbaut. Geistliche Begleiter/innen begleiten Menschen, die sich selbst vorstehen können, ihr alltägliches Leben geregelt bekommen und ausreichend psychische Stabilität mitbringen, um mit den Impulsen und der inneren Dynamik geistlicher Reifung verantwortlich umgehen zu können. „Jeder gute Christ muss mehr bereit sein, eine Aussage des Nächsten zu retten, als sie zu verdammen.“ (Ignatius von Loyola, Geistliche Übungen 22) Geistliche Begleiter handeln geprägt von grundsätzlicher Empathie, Echtheit, Respekt und Ehrfurcht gegenüber dem Menschen, seinen Worten, Handlungen und Gefühlen. Geistliche Begleiter/innen wachen darüber, dass in den Gesprächen immer eine für beide Seiten stimmige Balance von Nähe und Distanz eingehalten wird. Sie lassen nie zweideutige Situationen zu und handeln immer so, dass ihr Verhalten jederzeit allen öffentlich gemacht werden kann. Der/die Begleiter/in unterliegt einer strengen Schweigepflicht. Der/die Begleitete hingegen hat das Recht, alles Gesprochene öffentlich zu machen. Gleich zu Beginn der Geistlichen Begleitung achten die Begleiter/innen darauf, dass ein transparenter, wenn auch in der Regel nicht schriftlich fixierter,Vertrag für die Begleitung entsteht. Im Verlauf wird die Stimmigkeit der Beziehung in regelmäßigen Abständen überprüft. Jeder Begleiter/jede Begleiterin akzeptiert es unverzüglich, ohne zu argumentieren und ohne Argumentation einzufordern, wenn der/die Begleitete die Begleitung beendet. Geistliche Begleiter/innen verfolgen bei den Begleiteten niemals eigene, insbesondere sexuelle oder finanzielle Interessen.Ausnahme ist ein im Vertrag vereinbartes Honorar. Sie vermeiden allesVerhalten, was ihnen um ihrer selbst, um ihres Status oder um ihres Selbstwertgefühls willen, Macht über den/die Begleitete/n verschaffen würde. Der/die Begleiter/in ist für Geistlichen Begleitung hinreichend ausgebildet, bildet sich regelmäßig weiter und nutzt Möglichkeiten der Kollegenberatung und/oder Supervision. Der/die Begleiter/in bemüht sich um ein lebendiges geistliches Leben und lässt sich selbst geistlich begleiten. Wichtiger als diese Regeln ist, dass Geistliche Begleitung in jedem Moment ihrem Ziel verpflichtet bleibt. In Anlehnung an die Unterscheidung der Geister lässt sich deshalb das Ethos knapp zusammenfassen: Hin zu einem Mehr an Glaube, Hoffnung und Liebe – in einem Mehr an Freiheit, Leben und Lebendigkeit. Peter Hundertmark

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