Jesuiten 2011-4

22 Jesuiten Geistlicher Impuls Geistlicher Impuls Wie geht „besinnlich“? Stellen Sie sich vor, Josef hätte zu Maria gesagt: „Maria, die Tour nach Bethlehem machen wir nicht, wir lassen uns krankschreiben, schließlich steht Weihnachten vor der Tür und da wollen wir’s doch mal richtig besinnlich haben.“ Das hätte uns vielleicht heilsgeschichtlich doch vor das eine oder andere Problem gestellt. Jedes Jahr im Advent scheint sich diese Problematik aber zu wiederholen: Wie geht „besinnlich“? Das ist natürlich nicht nur eine Frage für den Advent, aber gerade hier, in der wahrscheinlich lautesten Zeit des Jahres (zumindest, wenn man einkaufen geht), scheint die Selbstverpflichtung zur Besinnlichkeit besonders groß. Und es erfordert offensichtlich echte Jongleursfähigkeiten, wenn man Arbeitsalltag, Familie, normales Schlafbedürfnis und Besinnlichkeit unter einen Hut bekommen soll. Genau darin dürfen Sie sich mit Maria und Josef ganz verbunden wissen. Auf ihrer Reise wird ihr Gebetsleben sicher nicht in regelmäßiger Meditation oder dem andächtigen Besuch der Rorate-Messe bestanden haben. Vielmehr werden sie mit sehr viel Sorgen und Ängsten aufgebrochen sein, vielleicht sogar mit mancherlei Unausgesprochenem, das auf ihrer Beziehung lastete und ihr Gebet dürfte oft einfach nur die Form gehabt haben: „Gott, hilf uns durch den Tag!“ Die Angst vor demWeihnachtsstern, die Hoffnung, dass es dieses Jahr vielleicht anders wird, die Vorfreude auf das, was an Weihnachten schön ist, alles das gehört zur Besinnlichkeit. Diese Gefühle und Stimmungen wahrzunehmen und vor Gott zu bringen, das ist Besinnung. Wie in jeder anderen Form von Gebet geht es auch hier nicht um Sondersituationen, sondern um das Leben, das uns umgibt und das wir täglich mal genießen, mal einfach nur durchstehen.Vielleicht bringt uns die alltägliche Hektik und Unruhe dem Adventsgeschehen manchmal viel näher als jede Form frommer Ruhe, die so gar nicht dem Leben derer ähnelt, auf die wir in den biblischen Geschichten schauen. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf, die helfen sollen, dem Besinnlichkeitsstress ein wenig zu entkommen, können wir nun überlegen, wie man sich dann doch vielleicht die ein oder andere Ruhetankstelle im Alltag schaffen kann. Schließlich sind Maria und Josef ja auch nicht im Marschtempo ohne Pause nach Bethlehem gelaufen. Schaffen Sie sich kleine Ruhezeiten – und nehmen Sie sie ernst.Wir haben die unselige Angewohnheit, unsere Arbeitszeiten in Terminkalender einzutragen und sehr ernst zu nehmen und die Ruhezeiten irgendwie dazwischen zu quetschen.Tragen Sie in Ihren Kalender doch einfach mal 10 Minuten Kaffeetrinken ein (oder auch länger, aber bleiben Sie realistisch!) oder 20 Minuten Parkspaziergang oder irgendetwas anderes, das Ihnen gut tut und hilft, etwas zu Atem zu kommen. Wahrscheinlich wird dabei eine ganze Menge zum Vorschein kommen, was Sie während des Alltagsgeschäfts beiseiteschieben müssen. Keine Angst davor haben. Immer dann, wenn die Seele zur Ruhe kommt, meldet sich alles Mögliche, was ansonsten nicht zum Zuge kommen darf. Manchmal entdeckt man dann, dass es vielleicht gut wäre, ein paar Gedanken, die man immer nur für

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