Jesuiten 2011-4

indirekt in Bewegungen, die Sein Dasein und Wirken in unseren Seelen auslöst. Berührung weckt unsere Reaktion. Selbst im normalen Leben merken wir unsere unwillkürlichen Reaktionen manchmal, bevor wir die Berührung selbst realisieren.Wie bei jeder Form der Berührung, so weckt auch die Berührung durch Gottes Wirken in unseren Seelen Reaktionen. Sie weckt in uns – wie Ignatius sagt – Trost, also Gefühle der Annahme, des Einwilligens, der Harmonie mit dem Ganzen und unserem Schicksal, wie auch Reaktionen der Abwehr, also Gefühle des Zorns, der Verweigerung, der Resignation etc. Ignatius lernte diese Reaktionen auf Ursache und Ziel hin zu lesen: Was für eine Qualität haben diese Regungen und wohin wollen sie mich bewegen? Wie ich Berührung erfahre, hängt davon ab, welche lebensgeschichtlichen Erfahrungen sie bei mir gerade und an dieser Stelle wachruft, ob sie diese heilsam aktiviert und in den Lebensfluss bringt, oder Widerstände und Blockaden hervorruft. Unsere Seelenregungen sind also je nachdem, worin sie wurzeln und worauf sie abzielen, geprägt durch einen Lebens-förderlichen oder eben Lebens-feindlichen Charakter, einen Geist des Wachstums oder der Stagnation. Wachsen in der Liebe Der Maßstab, ob in einer Bewegung Gottes Geist atmet, ist also die Frage, ob mich diese Bewegung mehr wachsen lässt, wachsen hin auf mehr Lebenskraft, Versöhnung und Einheit, wachsen in der Selbstannahme, der Liebe und der Kraft, die Aufgaben anzunehmen, die uns Menschen aus unserer Rolle erwachsen, in den Fußstapfen Gottes Weltgestalter und Bewahrer zu werden. Wo will in mir etwas Fleisch werden von jenem Geist, den ich kennengelernt habe, wenn ich die Person Jesu, sein Leben und Handeln betrachtet habe? Die Jünger von Emmaus erzählen dem Fremden, der mit ihnen geht, das Ganze des Lebens Jesu nochmals. Der Berührung mit dem Fremden aber macht sie darauf aufmerksam, dass sie trotz des gewaltsamen Todes Jesu noch nicht fertig sind und dass ihr Herz doch brennt. Deshalb können sie umkehren und dem Raum geben, was vom Leben Jesu in ihnen lebendig ist und weiter wachsen will. Das ist der Beginn der Kirche. So tritt in den seelischen Auswirkungen, wie Stimmungen, Lebensgefühlen, Einfällen, die an den Rand unseres Bewusstseins treten, der Schöpfer selbst in unsere Erfahrung ein, wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wurde, sichtbar bleibt in den Wellen, die er auf der Oberfläche eines Sees schlägt. Der hörende Mensch aber ist der, der einwilligt in das Wirken jener Kräfte in sich selbst, in denen sich das Wirken des Schöpfers zeigt. So sind Menschen, nicht Sätze,Ausdruck des Willens Gottes. Das ist der Kern des Christentums. Tobias Zimmermann SJ 4 Jesuiten Schwerpunkt: Bewegungen der Seele

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