Jesuiten 2011-4

Dezember 2011/4 Jesuiten 7 auch anders geht, dass Gottes Geist größer ist, als unsere Überlegungen über ihn. Meines Erachtens hat der Geist Gottes sehr viel mit guter Stimmung zu tun. Er bringt das Leben mit all seinenTönen zum Klingen. Jeder Musiker weiß, dass er sich zuerst in Ruhe auf den Kammerton A einstimmen muss, damit das gemeinsame Spiel gelingen kann. Der christliche Kammerton ist für mich das Leben Jesu. Es braucht Ruhe, bis alle sich auf ihn eingestimmt haben. Im Leben Jesu offenbaren sich menschliche und göttliche Tugenden. Glaube: Ich stelle mich darauf ein, dass Gott jeden Menschen zu einem einzigartigen Kunstwerk geschaffen hat (Ps 139), dass ich für andere geschaffen bin. Das heißt, dass ich von anderen Instrumenten lernen kann,dass meine Konfliktpartner von mir lernen können und ich von ihnen. Der Dirigent Jesus braucht Menschen, die auf die Pauke hauen, und andere, die zart die Saiten zupfen – zur eigenen Freude und zum Wohlklang untereinander. Hoffnung: Ich muss nicht schon heute vollkommen sein. Fehler sind normal. Bei allem Üben ist es Gnade und Glück, wenn die Musik fließt und nicht nur „Noten gespielt werden“. Diese Momente des Fließens sind eher die Ausnahme als die Regel.Das Leben in der Fülle des Geistes Gottes ist in unserer Welt möglich, aber eher die Ausnahme. Liebe: Liebe ich mein Instrument, mein Leben? Sehe ich den Erbauer in dem, wie ich bin? Pflege ich meine Fähigkeiten? Könnte es sein, dass der Bass vielleicht stimmiger für mich ist als die Gitarre? Dass ich von einem Chor zu einer Band wechseln sollte?Wenn ich sehe, dass mein Alltag im Großen und Ganzen stimmig ist, ich Liebe empfangen und weiter geben kann, nehme ich an, dass ich dort bin, wo der Geist Gottes mich haben will. Klugheit: Ist es klug die Gitarre im Regen auszupacken? Braucht das Gute, das in mir ist, vielleicht andere Bedingungen? Gerechtigkeit: Mit einer Klampfe kann man schlecht Bach spielen. Sie ist aber gut für ein Zeltlager. Finde ich für andere und mich das Nötige, das sie und ich zum guten Spiel brauchen? Tapferkeit: Bin ich mutig genug zu sagen: So geht das nicht! Eine klassische Gitarre hat gegenüber 10 Blechbläsern keine Chance! Halte ich durch, wenn mir eine Passage zum 20. Mal nicht gelingt? Mäßigung: Übe ich nicht, so kommt die Musik nicht zum Fließen. Übe ich ohne Pausen, so verkrampfen meine Hände. Die Balance zwischen Arbeit und Freizeit,zwischen Alleinsein und Zusammensein mit anderen, zwischen Gebet und Engagement ist immer wieder neu zu suchen und zu finden. Loben wir Gott mit dem Schall der Hörner, mit Pauken und Tanz, Flöten und Saitenspiel, jede und jeder entsprechend dem, was man kann (Ps 150). Lernen wir – abgestimmt auf unser Leben – zusammen zu klingen, so unterschiedlich und ähnlich wir einander sind. Ludger Hillebrand SJ

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