Jesuiten 2012-1

März 2012/1 Jesuiten 17 Befürworter der Kirchensteuer entgegen, dass eine langfristig konzipierte Arbeit der Kirche nicht gut möglich sei, wenn ständig neu Gelder eingeworben werden müssen und die Finanzgrundlagen von Aktivitäten nicht stabil ist. Es gebe zudem Gerechtigkeitsprobleme, wenn man ständig Finanzunterstützung einwerben muss, weil weniger spektakuläre Aktivitäten und die Arbeit in unpopulären, aber kirchlich wichtigen Bereichen sonst ins Hintertreffen geraten würden. Gegen diese Überlegung hilft auch der beliebte Hinweis auf die Situation der Kirche in den USA wenig, wo freiwillige, oft mit großem Aufwand gewonnene Zuwendungen das Leben der Gemeinden und Bistümer finanzieren. Die Art und Weise, wie man in beiden Ländern Gutes tut, ist eben doch sehr verschieden; was übrigens die deutschen Bistümer nicht daran hindert, verstärkt nach amerikanischem Vorbild auch auf Fundraising usw. zu setzen. Die Kirchensteuer ist nützlich für die Kirche und erleichtert ihr und den anderen steuererhebenden Religionsgemeinschaften in Deutschland viele Aktivitäten. Davon haben nicht nur die Kirche und die Menschen in praktisch allen Notgebieten dieser Welt Nutzen, denen ja auch Kirchensteuergelder in hohem Maße zugutekommen. Auch die Möglichkeiten einer direkten Unterstützung römischer Aktivitäten würden erheblich geschmälert. Gleichwohl ist natürlich richtig, dass die Kirchensteuer für die Kirche nicht lebensnotwendig ist. Es gibt zahllose andere Systeme der Kirchenfinanzierung, und die Kirche kann auch da in Blüte stehen, wo sie selbst wenig materielle Möglichkeiten hat. Papst Benedikt XVI. hat während seines Besuchs in Deutschland im vergangenen September beharrlich gemahnt, man solle sich in der Kirche vor allem um einen lebendigen Glauben kümmern und nicht primär um die Organisation des Kirchenlebens. Er hat damit eine Versuchung thematisiert, welche die Kirchensteuer befördern kann: dass man sich auf der Grundlage eines sicheren materiellen Auskommens zu wenig darum kümmert, das Feuer des persönlichen Glaubens und der Liebe immer wieder zu entfachen und zum Leuchten zu bringen, und stattdessen im Übermaß institutionelle Probleme bearbeitet. Diesen unbedingten Vorrang des Geistlichen meint der Papst wohl, wenn er auf eine „Entweltlichung“ der Kirche drängt. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands hat dazu geführt, dass die deutschen Bistümer im vergangenen Jahr über 5 Mrd. Euro Kirchensteuer eingenommen haben. Sie geben über ihre Verwendung Rechenschaft. Eine Dauer hat aber diese hohe Einnahmesumme nicht. Die Gläubigenzahlen sind rückläufig. Die Bistümer haben bereits beträchtliche Sparprogramme aufgelegt. Sie sollten dies als Chance zur Profilverbesserung nutzen! Zugleich kommen auch auf die Orden und wohl auch die Klöster schwierigere Zeiten zu: Sie haben keinen Anspruch auf Kirchensteuer und können nur indirekt Nutzen von ihr haben. Sie laufen Gefahr, kirchensteuerfinanzierte Unterstützungsleistungen der Bistümer nicht länger zu erhalten und in erhebliche wirtschaftliche Engpässe zu geraten. Ob es eine Stunde der Profilierung auch der Orden wird, ist noch offen. Oder auch der Kreativität, die dann der ganzen Kirche zugute kommen könnte! Hans Langendörfer SJ

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==