Jesuiten 2012-1

März 2012/1 Jesuiten 21 führen kann. Es sei nur daran erinnert, wie schwer sich die Kirche mit der Anerkennung der Menschenrechte tat, wie oft sie die Nähe rechter Diktatoren suchte, oder wie spät sie die Religionsfreiheit zum Bestandteil der eigenen Lehre machte. In der politischen Sprache heißt das, dass gerade bei gesellschaftlichen Themen die Kirche durchaus fehlbar ist. Was von Kirchenvertretern zudem häufig übersehen wird, ist die banale Erkenntnis: Der Politiker ist Interessenvertreter! Nun liegt es auf der Hand, dass der katholische Politiker nicht nur die Interessen der Kirche vertreten kann. Er steht mit allen anderen Politikern und gesellschaftlichen Gruppen im Wettstreit um die besten Lösungen für das Allgemeinwohl. Die Kirche muss sich in diesen Wettstreit einbringen; ein Monopolanspruch auf das Wissen um die besten Lösungen widerspricht dabei dem Grundverständnis der parlamentarischen Demokratie. Wenn sich die Kirche also zur freiheitlichdemokratischen Staatsform bekennt, dann muss sie auch die Andersartigkeit des politischen Diskurses anerkennen, dann sind Bevormundungen seitens kirchlicher Amtsträger kontraproduktiv. Umso wichtiger ist der respektvolle Umgang miteinander, der auf Belehrung und Bevormundung verzichtet. Dies alles betrifft nicht nur engagierte Katholiken in der Politik, sondern alle Katholiken, die sich in der Gesellschaft, im Sozialwesen oder in der Kultur mit ihrer Kraft einbringen. Für mich bleibt es ein erstrebenswertes Ziel, dass gegenseitiger Respekt den unterschiedlichen Entscheidungsprozessen entgegengebracht wird. Dies entspricht der christlichen Auffassung von der menschlichen Freiheit, und dies ist die Grundlage für ein partnerschaftliches Wirken von Kirchenhierarchie und Laienengagement im Dienste des Reiches Gottes auf Erden. Johannes Dickhut-Bielsky Foto: Weigand

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