Jesuiten 2012-2

12 Jesuiten Schwerpunkt: Bildung Schwerpunkt Inklusion Gerechtigkeit in der Schule Der Begriff der Inklusion zielt im Umfeld von Bildung und Schule stets auf eine möglichst umfassende gemeinsame Beschulung aller Kinder und Jugendlichen. Häufig geht es darum, dass Unterschiede in den Lernausgangslagen oder Leistungsfähigkeiten, beispielsweise durch körperliche Einschränkungen oder geistige und seelische Krankheiten, nicht länger durch eigene Schul- oder Unterrichtsformen kompensiert werden. Das bedeutet den weitestgehenden Verzicht auf Sonderbzw. Förderschulen. Diese Tendenz lässt sich gegenwärtig in vielen deutschen Bundesländern beobachten. Stattdessen gibt es innerhalb einer Schule und einer Klasse unterschiedliche, individuell angepasste Formen der Unterstützung und der Anforderungen, die an die einzelnen Schüler/innen gerichtet werden. Der Begriff umfasst aber ebenso die Überwindung der Unterschiede und Grenzen, die sich aus der Wohngegend, der ethnischen Herkunft, dem sozialen Milieu, dem Bildungsgrad oder der wirtschaftlichen Situation der Eltern ergeben. Entsprechend ist das Ziel die Umwandlung von „Problemschulen“ ebenso wie von „Eliteschulen“. Diese zwei unterschiedlichen Akzente haben ihren Ursprung in den beiden Quellen, die dem Begriff der Inklusion dazu verholfen haben, ungewöhnlich schnell aus der öffentlichen Debatte in die gesetzgeberische Realität überführt zu werden: Zum einen der engagierte und nachhaltige Protest betroffener Eltern und Elternverbände, die sich unter Berufung auf sonderpädagogische Forschungsergebnisse ebenso wie auf ihr sicheres Gespür als Eltern gegen separierte Bildungswege einsetzen, die sie zunehmend als Diskriminierung ihrer Kinder empfinden. Zum anderen waren es die Ergebnisse der PISAStudie aus dem Jahr 2000, durch die deutlich wurde, dass es in Deutschland einen außerordentlich hohen Zusammenhang gibt zwischen dem sozialem Hintergrund der Schüler/innen und ihrem realen Schulerfolg. Ob sonderpädagogische oder soziale Inklusion: Es geht immer um die Überwindung von Ausgrenzungserfahrungen und Benachteiligungen, die Schüler und Schülerinnen unverschuldet erleiden müssen. Wie kommt es dann, dass eine eigentlich so gute und gerechte Sache vielerorts, auch an Jesuitenschulen, Skepsis und Ängste auslöst? Schnell stellen sich Befürchtungen ein: Das allgemeine Bildungsniveau könnte sinken oder eine Überforderung aller Beteiligten eintreten. Wer das Anliegen der Inklusion kritisiert, muss sich darum zunächst eingestehen, dass er dies zumeist aus der Perspektive dessen tut, der im Sinne der Inklusion bereits „drin“ ist. Und er muss sich prüfen, ob bei seiner Kritik Angst mitschwingt, zukünftig Nachteile zu erfahren, weil dann zu viele oder die Falschen ebenfalls mit eingeschlossen werden: Die, die jetzt noch ausgeschlossen, „draußen“ sind, erscheinen den anderen als Bedrohung. Doch diese Sicht birgt für beide Seiten große Nachteile. Die scheinbaren Profiteure der gegenwärtigen Exklusion, die sich vor den weniger Leistungsstarken schützen, sind in Wahrheit mit sich selbst eingeschlossen: Indem sie ausschließen, bleiben sie unter sich und bringen sich um viele Anregungen und Chancen, die sich aus derVerschiedenheit der Menschen ergeben. Die bislang Ausgeschlossenen hingegen werden mit dem Makel der Zweitrangigen versehen. Sie sind aus der Sicht

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