Jesuiten 2012-2

20 Jesuiten Schwerpunkt: Bildung Schwerpunkt Vom Umgang mit dem pädagogischen Erbe Amüsiert erlebe ich den Alltag der Jugendarbeit, wenn die „Kleinen“ Fünftklässler sich schelmisch erkundigen, wie es denn der liebe Gott nun halte mit dem Fußballspiel. Im Speziellen: Während der zwei Wochen des Sommerlagers im Juni und Juli, mit den 80 anderen Fünftklässlern? Ob er wohl wolle, sie die Fußball-EM schauen zu lassen? Und da der liebe Gott ja die Kinder liebe und den Fußball … ! Oder ob die Gruppenleiter und der Pater diese Entscheidung lieber ohne den lieben Gott treffen wollten – und wie sie dies dann verantworteten? Anders erfrischend erlebe ich die dichte Atmosphäre in den beiden Wochen um Ostern, in der insgesamt 32 jugendliche Teilnehmer und deren jugendliche Begleiter sich in die Abgeschiedenheit eines Klosters zurückziehen, um sich in aller Ernsthaftigkeit den Geistlichen Übungen zuzuwenden. Die Gründungstexte des Ordens mögen dann doch ein wenig trockener daher kommen. Dennoch verrät ein Blick in die „Quellen“ des Jesuitenordens auf beflügelnde Weise die Bedeutung, die Ignatius der „Sorge um die Jugend“ beimisst. Aus der Grundverfassung des Ordens von 1540 geht der Auftrag für den Oberen und seine Berater bezüglich dieser „Sorge um die Jugend“ unmissverständlich hervor. Denn: Genau dieses Feld drohe eher inVergessenheit zu geraten, weil andere Aufgabenbereiche mit mehr Prestige verbunden seien. Für Ignatius geht es in dieser besonderen Sorge für die Jugend also um die geistlicheVerfasstheit des Ordens. Er sieht jeden seiner Mitbrüder dieser Aufgabe verpflichtet und betrachtet sie somit immer auch als „Pädagogen“. Die Besinnung auf die Geistlichen Übungen kann helfen, eine angemessene Haltung als Pädagoge zu finden: Der, der diese Übungen gibt, soll Zurückhaltung demjenigen gegenüber wahren, der die Übungen macht. Und gleichzeitig soll er zugewandt und aufmerksam für jede Bewegung bei sich und beim Übenden sein. Mit Abwandlungen ist dies auch anwendbar auf den Beziehungszwischenraum des Jesuiten zur Jugend. Eine wie immer geartete Verletzung dieses Raumes – wenn also ein Jesuit die Haltung der Indifferenz aufgibt – zerstört, verletzt und bleibt vielen Betroffenen eine dunkle Last. Seit Januar 2010 ist offenkundig, dass die Gesellschaft auf beschämende Weise hinter ihren diesbezüglichen Ansprüchen geblieben ist. Diese tiefe Ernüchterung mag dazu bewegen, sich neu den Geistlichen Übungen zuzuwenden, die alles Notwendige für ein angemessenes Vorangehen im (pädagogischen) Alltag bereit halten. Die Besinnung auf die Quellen des Ordens können den Blick dazu öffnen, das Menschenbild eines freien, unbedingt zu schützenden Individuums, neu zu entdecken und zu fördern; auch und gerade wenn es dieser 10-jährige Fünftklässler ist, der mit einer gewissen Schläue, Gottes Hilfe bemühend, die Frische des Sommers mit der Fußball-EM ein wenig frischer möchte erscheinen lassen. Marco Mohr SJ Aus der „Formula Instituti“ von 1540: „Und namentlich sollen sie sich die Unterweisung von Kindern (…) anempfohlen sein lassen, die je nach den Umständen von Personen, Orten und Zeiten für sie angebracht erscheinen. Denn es ist in höchstem Maß notwendig, dass der Obere und der Rat mit Eifer über die diesbezügliche Sorge wachen, weil (…) bei den Unseren die Gefahr besteht, dass einer, je gelehrter er ist, dieses Gebiet als auf den ersten Blick weniger auffallend abzulehnen versucht“ (Nr. 6).

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