Jesuiten 2012-3

September 2012/3 Jesuiten 9 Sünder berufen zu sein“, ermutigt uns, auch mit unseren Schatten zu leben. Mit dem Missbrauch ist ein wirklich dunkles Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte sichtbar geworden. Und wenngleich das von manchem Mitbruder und von manchen Freunden des Ordens nicht verstanden wurde, haben wir uns entschieden, diesen Schatten nicht zu übertünchen. Heißt das, dass wir selbstquälerisch veranlagt sind, wie einige es uns vorgeworfen haben? Nein, im Gegenteil.Während ich in der allerersten Phase des Missbrauchsskandals noch mit dem Gefühl kämpfte, die Beschäftigung damit gehe sozusagen auf Kosten meiner eigentlichen Arbeit als Provinzial, stellte sich sehr bald das Bewusstsein ein, dass wir Jesuiten in Deutschland hier unerwartet vor einem Ernstfall unseres Einsatzes für Glaube und Gerechtigkeit standen, der keine Heldentaten verlangte, wohl aber Umkehr durch Einnehmen der Opferperspektive. Hic Rhodos, hic salta! Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren für uns Jesuiten keine verlorene Zeit, sondern ein echtes „exercitium“ im ignatianischen Sinne des Wortes, wo die „memoria“ eine sehr wichtige Rolle spielt,um das Evangelium für mich,für uns hier und heute zu entdecken und zu leben. Natürlich gibt es andere wichtigeThemen, denen wir Jesuiten uns heute widmen wollen und es auch tun.Aber auf die zwar menschlich verständliche, letztlich aber versucherische Frage, ob wir Jesuiten das leidige Thema Missbrauch nicht endlich abhaken sollten, kann es für mich nur eine Antwort geben:Vergiss es! Stefan Dartmann SJ © Fotolia / ispstock

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