Jesuiten 2012-3

22 Jesuiten Geistlicher Impuls Geistlicher Impuls Einladung zur Vergebung Wenn etwas geschieht, das einen völlig aus der Bahn wirft, kann man meist nur reflexartig allem entfliehen, sich zurückziehen und versuchen, zur Besinnung zu kommen. So muss es an Ostern auch den Jüngern ergangen sein, von denen es in der Bibel heißt, sie hätten sich hinter verschlossenen Türen versteckt. Erschüttert, verstört, voller Angst saßen sie da wohl beisammen und haben vielleicht noch einmal die drei Jahre ihrer gemeinsamen Zeit mit Jesus Revue passieren lassen.Was hatten sie nicht alles um Jesu willen zurückgelassen – Haus, Hof, Familie, ihr Gewerbe, alte Freunde... Und hatte nicht Jesus eine große Vision wahr zu machen versprochen? „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ (Lk 4:18-19). Nicht mit seinen Worten allein, sondern vor allem durch seine Taten hatte Jesus doch gezeigt, dass „Leben in Fülle“ möglich ist. Er lebte vor, dass das Reich Gottes, von dem er so bildhaft in Gleichnissen sprach, nicht als bloße Vertröstung auf die Zukunft gemeint war, sondern ganz konkret im Hier und Jetzt beginnen konnte.Aber nun – waren all ihre Hoffnungen und Träume von einer gerechteren, friedvolleren Gesellschaft schon gescheitert? War alles umsonst gewesen? Sollte ihnen etwa die Zeit mit Jesus fortan nur noch schöne Erinnerung sein, von der sie zehren würden, bis sie zusehends verblasste? Würde gar alles, was sie erlebt und erträumt hatten, dem Vergessen anheimfallen? – Doch da holt Jesus die Jünger auf dramatische Weise in die Gegenwart zurück. Er kommt selbst durch die verschlossene Tür zu ihnen und spricht sie an: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. [...] Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“ (Joh 20,21-23). Was die Jünger dann an Pfingsten in den vielen Muttersprachen verkündigt haben, beschreibt Lukas in der Apostelgeschichte nicht genau. Da ist nur von „Gottes großen Taten“ die Rede. Und eben davon, dass jeder der Anwesenden das, was sie sagten, in seiner eigenen Sprache vernahm, vielleicht auch als ihm ganz persönlich zugerufene Botschaft verstand.Vielleicht haben die Jünger den Auftrag Jesu beim Wort genommen und über Vergebung gesprochen. Vielleicht war ihnen noch das Gleichnis vom verlorenen Sohn im Sinn. Es erzählt von einem jungen Mann, der so maßlos über die Stränge geschlagen und kaum eine Sünde ausgelassen hat, dann aber die Kraft zur Umkehr fand. Der Vater eilt dem zurückkehrenden Sohn entgegen und schließt ihn in die Arme. Er hält dem Sohn keine Moralpredigt, rechnet ihm nicht vor, was er alles falsch gemacht hat, sondern lässt zu seinen Ehren ein Fest feiern.Vergebung findet ihren Ausdruck in großer Freude, im Feiern in Gemeinschaft. Dass das nicht selbstverständlich ist, ja manchmal sogar sehr schwer fällt, zeigt die Reaktion des älteren Bruders. Vorwurfsvoll wendet er sich an seinen Vater; er fühlt sich ungerecht behandelt,zurückgesetzt.Sein Herz bleibt dem Bruder verschlossen. Vergebung ist etwas, das tatsächlich unsere Gegenwart verändern kann, indem sie Gewesenes abschließt.Wir können es ja doch nicht

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