Jesuiten 2012-4

Dezember 2012/4 Jesuiten 11 Schwerpunkt Erreichbarkeit 2.0 Facebook ohne Ende – ein Leben fürs Netz? Es ist weg! Ich greife in die Tasche: Schlüssel. Portemonnaie. Lose herumfliegende Taschentücher. Kein iPhone! Nachdem ich auf dem Weg zu den Gates am Flughafen realisiere, dass es tatsächlich weg ist, schwirrt eine einzige Frage in meinem Kopf auf und ab „Was fange ich ohne Smartphone an?“ Und schon sehe ich mich verwirrt ohne GoogleMaps durch die Straßen San Franciscos geistern. Ist das Smartphone tatsächlich bereits so stark in meinem Leben verankert, dass ich ohne es Angst bekomme? Das Smartphone ist ein multifunktionaler Taschencomputer, der Freizeit und Arbeit in sich vereint.Telefonieren wird zur Nebensache, man kann auf die verschiedensten Anwendungen zugreifen und braucht für all dies lediglich ein Gerät. Das Organisieren erfordert nicht mehr massenweise Ordner, die mit Zetteln überlaufen. Kein Wunder, dass es in der Geschäftswelt kaum noch wegzudenken ist. Kommunikation und Datenaustausch werden leicht gemacht und laufen über Smartphones in den vielfältigsten Formen ab. Für viele ist das soziale Netzwerk unerlässlich geworden. Das Smartphone prägt den Alltag. In einer Zeit immer schneller werdenden Fortschritts steigen auch die Bedürfnisse nach Mobilität und Komfort. Relativ schnell filterten sich bei diesen Vorgaben die Vorteile des Smartphones heraus, gegen die sich mittlerweile die Wenigsten wehren: ständiger Internetzugang, Google, Mailkonten, Facebook, Whatsapp, Twitter, Skype, NachrichtenApps und Co.Alles wird angepasst. Immer mehr Menschen wählen denWeg, über Online-Medien an schnelle, wenn auch teils oberflächliche Informationen zu gelangen, welche jedoch ausreichen, um das Gefühl zu haben, informiert zu sein – und so seinen Teil dazugeben zu können. Das klingt, als habe sich der Mensch bereits abhängig gemacht. Auch ich bin überrascht, wie nahe mir der Verlust meines iPhones ging. Inzwischen liegt San Francisco weit hinter mir, ich habe mich längst an mein Mobiltelefon gewöhnt und beschließe, mich an den ein oder anderen aus meinem Bekanntenkreis mit einer Frage zu wenden – per Facebook natürlich: „Könntest du auf dein Smartphone verzichten?“ Man brauche es nicht unbedingt, lauten viele Antworten. Schließlich konnte man früher auch ohne Smartphone gut auskommen. Sebastian hat Recht, wenn er sagt: „Ich könnte vermutlich auf mein Smartphone verzichten.Aber ich will es nicht wirklich. Klingt ironischerweise wie so ein richtiger Suchtispruch.“ „Aber warum sollte man das Schlechtere dem Besseren vorziehen?“, lautet eine Gegenfrage. Ob man nun gerade sein Essen fotografieren möchte, um es dann bei Facebook hochzuladen, oder mit seiner besten Freundin chatten möchte, während man mit Kopfhörern in der Badewanne liegt,oder das Geburtsdatum von Jimi Hendrix googelt, während man auf den Bus wartet: Man hat die Möglichkeit, also nutzt man sie. Jeder Einzelne hat die Chance auf Selbstdarstellung, jeder Einzelne kann mit der Gestaltung seines virtuellen Lebens imponieren. Und darin schwingt ja auch ein gewisses Moment der Freiheit mit.

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