Jesuiten 2012-4

12 Jesuiten Schwerpunkt: Virtuelle Welt Andererseits: Wozu wird diese genutzt? Man twittert, dass man gerade mit drei Freundinnen beim Kaffee sitzt, um dann hinterher die neusten Meldungen abzurufen. Egal, mit wem man sich trifft, irgendwie wird das Smartphone immer mal herausgeholt. Da stellt sich die Frage nach dem wahren Fortschritt der Kommunikation. Sind mehr und schnellere Meldungen per se schon bessere Meldungen? Was habe ich davon, wenn ich in Verbindung mit meinen 400 Facebook-Freunden stehe, während vor mir eine wundervolle Unterhaltung mit meinen drei Freunden zustande kommen könnte,die mir entgeht,weil ich nur an meinen nächsten Post denke? Der Drang nach ständiger Erreichbarkeit, aber auch die Erwartungshaltung, stets jemanden erreichen zu können, verwehren uns Tiefe, aber auch die Auseinandersetzung mit uns selbst.Wir unterliegen etlichen, jedoch kurzen Reizen, die Stressfaktoren gleichen und somit verarbeitet werden müssten. Doch weil sie nicht als Stressfaktoren wahrgenommen werden, schalten wir nicht ab.Im Gegenteil:Wir werden süchtig nach dem konstanten Reizfluss,haben Angst,uns von dem Rest derWelt abzugrenzen.Wir definieren uns durch die „Feeds“, „Likes“ und die Kommentare anderer. Durch die sozialen Netzwerke und die ständige Konnektivität geht die Privatsphäre zunehmend verloren. Selbst die intimsten und persönlichsten Dinge werden in der FacebookÖffentlichkeit geteilt. Das muss natürlich nicht von bloßem Nachteil sein. Es weckt das Interesse am Menschen und man kann schneller wählen und erkennen, mit wem man welche Gemeinsamkeiten teilt. Man ist freier in der Wahl und nicht auf Zwangsfreundschaften bzw. -bekanntschaften angewiesen. Außerdem kann ein offener Umgang mit der Privatsphäre dafür sorgen, dass man sich mehrere Meinungen zu den unterschiedlichsten Themen einholt, sodass mehrere Seiten beleuchtet werden. Und ein „Post“ wie etwa „Ich ziehe nach Berlin!“ macht es mir leicht, allen Interessierten Bescheid zu geben. Und dennoch hindert es mich selbstverständlich nicht daran, auch im persönlichen Gespräch darauf einzugehen – theoretisch. Die schnelle Datenverteilung kann bei Übermaß zwar eine Belastung sein, doch kann sie auch den einen oder anderen Ärger im Alltag vermeiden. So gibt es sicherlich viele Studierende, die dankbar dafür sind, nicht erst vor verschlossenen Türen stehen zu müssen, um von dem ausgefallenen Seminar zu erfahren. „Spätestens nachdem wir uns vor zweiWochen nach einem Open Air nachts imWald verlaufen hatten und nur dank GoogleMaps auf dem Smartphone nach Hause fanden, war ich absolut von meinem Smartphone überzeugt.“ Für Svens Antwort auf meine Frage habe ich vollstes Verständnis. Denn auch mir war es etwas mulmig zumute, als ich auf mich allein gestellt durch San Francisco lief, klassisch mit einem Stadtplan in den Händen.Nur zeigte der mir nicht durch einen blau leuchtenden Punkt meinen aktuellen Standort an. Der Smartphone-User gleicht einem Konsumenten, der sich nicht satt essen kann. Er nimmt viel auf, bloß bleibt vermutlich nicht viel in seinem Gedächtnis hängen. Denn solange das Ladegerät nicht fern ist und der Netzbetreiber keine Faxen macht, sind die Infos ja immer abrufbar. Überlassen wir mal dem Smartphone die Smartness. Schneller.Eindrucksvoller.Der Mensch gelangt mittlerweile so leicht und schnell an Befriedigung. Er muss sie sich nicht mehr hart

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