Jesuiten 2012-4

14 Jesuiten Schwerpunkt: Virtuelle Welt Schwerpunkt Online-Exerzitien Vor einigen Jahren fragte mich mein damaliger Kaplan, ob ich nicht Lust hätte, mal OnlineExerzitien zu begleiten. Online-Exerzitien? Davon hatte ich zwar schon gehört, ansonsten war da bei mir aber nur ein großer „Weißer Fleck“ auf der Landkarte. Doch neugierig war ich schon. Das „Abenteuer“ führte zu überraschenden Erkenntnissen: 1. Das Wort „Exerzitien“ mag zwar ein wenig hoch gegriffen sein, aber erstaunlich ist doch, welche Glaubensimpulse auch „online“ vermittelt werden können und wie viel an geistlicher Bewegung angestoßen wird. 2. Geistliche Begleitung ist – jedenfalls vorübergehend – durchaus auch virtuell möglich, also ohne dem „Exerzitanten“ jemals persönlich begegnet zu sein. 3. Der Heilige Geist schreckt auch vor modernen Medien nicht zurück. Am ehesten sind Online-Exerzitien zu vergleichen mit „Exerzitien im Alltag“. Sie sollen vier Wochen lang den Alltag begleiten mit täglichen Impulsen zum Beten und Meditieren, mit jeweils einer abendlichen Reflexion, mit einem ausführlichen Wochenbericht und einer eingehenden Antwort des Begleitenden darauf. Die Begleiterin bzw. der Begleiter orientieren sich bei der Auswahl von Impulsen in der ersten Woche an dem, was jede(r) Teilnehmende bei seiner Anmeldung über sich selbst und über seine Motivation mitgeteilt hat, und in den folgenden Wochen dann an den jeweiligen Wochenberichten. Es geht in der Regel um die Grundlegung bzw. Vertiefung eines persönlichen Glaubens, um das „Fundament“ der ignatianischen Exerzitien, um eine größere Nähe zu Jesus Christus und um eine Gebetsschule. Zum Teil erhebliche Variationen ergeben sich aus den ganz persönlichen Rückmeldungen. Zielgruppe der Online-Exerzitien sind vor allem Menschen, die Probleme mit ihrem persönlichen Glauben haben oder ganz allgemein auf der Suche nach einer Orientierung für ihr Leben sind. Vielfach sind sie „Anfänger“ im Glauben und erst recht in einem geistlichen Leben. Häufiger jedoch liegt ihnen nach langer „Abstinenz“ an einem neuen Einstieg. Neben Katholiken sind viele evangelische Christen, aus ihrer jeweiligen Kirche Ausgetretene oder Menschen, die kaum einen christlichen Hintergrund haben, an Online-Exerzitien interessiert. Das Medium Internet bringt es mit sich, dass die „Schwelle“ niedriger liegt als in der „realen“ Welt.Wer etwa beim „Surfen“ auf die Online-Exerzitien aufmerksam geworden ist, der tut sich leichter, schnell mal eine Mail zu schreiben, als „reale“ Kontakte zu einem Exerzitienhaus zu knüpfen. Das Internet, mit dem zwar mehr und mehr auch ältere Menschen vertraut sind, spricht zudem immer noch eher jüngere Menschen und Menschen in der aktiven Berufsphase an. Begleitet werden die Online-Exerzitien von Jesuiten und Congregatio-Jesu-Schwestern sowie von Pastoralreferenten/innen und anderen, die mit geistlicher Begleitung und ignatianischer Spiritualität vertraut sind. Sie alle übernehmen diese Aufgabe ehrenamtlich und begleiten maximal zwei Exerzitanten. Was unterscheidet darüber hinaus OnlineExerzitien von anderen Formen der Exerzitien? Die Teilnehmer entscheiden selbst, wieviel Zeit sie sich ausdrücklich für die „Übungen“ nehmen. Der Grundgedanke ist, dass ein kurzer Tagesimpuls sie durch den ganzen Tag begleiten soll. Das ist nicht ganz leicht, wenn einen der berufliche und private Alltag immer wieder einholt. So sind eine

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