Jesuiten 2013-1

Sie starben als gläubige Christen. Der ökumenische Geist des Widerstands lebt weiter. Erinnerungen an meinen Vater Die politischen Gefangenen der Nazis wussten, dass eine Verlegung nach Plötzensee das baldige Ende des Lebens im Hinrichtungsschuppen des Gefängnisses bedeutete. In den Monaten unmittelbar nach dem missglückten Anschlag auf Adolf Hitler am 20.7.1944 wurden die Häftlinge direkt nach der Urteilsverkündung durch den Volksgerichtshof nach Plötzensee verlegt, hatten einige wenige Stunden Zeit, um Abschiedsbriefe zu schreiben, und wurden noch am selben Tag hingerichtet. Mein Vater Helmuth James von Moltke ist diesen Weg am 23. Januar 1945 gegangen. Er hatte knapp zwei Wochen Zeit nach der dramatischen Konfrontation mit dem Präsidenten des Volksgerichtshofs, Roland Freisler. Mit ihm starben an diesem Januartag Theodor Haubach, Ludwig Schwamb, Nikolaus Groß, Eugen Bolz, Franz Sperr und Erwin Planck. Alle diese Männer, ob katholisch oder evangelisch, hatten erlebt, dass dem ungeheuren Druck des Nationalsozialismus nur mit einer Vertiefung des eigenen christlichen Glaubens zu begegnen war. Sie starben als gläubige Christen. Manche von ihnen waren vor dem Krieg Sozialdemokraten, manchen waren konservativ, vereint waren sie aber alle in der Gewissheit, dass man den Schandtaten der Nazis entgegentreten musste, selbst wenn es das eigene Leben kosten sollte. Die Hinrichtungsstätte in Plötzensee ist inzwischen ein Mahnmal geworden, und sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche haben Kirchen errichtet, die an die Opfer erinnern sollen. Mein Vater hätte das sehr begrüßt. Für meine Mutter Freya von Moltke und mich sind Plötzensee und der Heckerdamm nun nicht mehr nur verbunden mit dem Tode meines Vaters, sondern auch mit den schönen Institutionen, die dort der Opfer gedenken: mit dem Karmel und der Kirche Maria Regina Martyrum und mit dem Evangelischen Gemeindezentrum Plötzensee. Die Kirche Maria Regina Martyrum ist ein besonderer Ort. Dort wurde vor einigen Jahren ein von Professor Brakelmann herausgegebener Briefband meines Vaters erstmals dem Publikum vorgestellt, eine Briefsammlung, die den Schwestern des Karmels gewidmet ist. Unvergesslich aber bleibt mir im Gedächtnis die Andacht, an der ich mit den Schwestern in der Gruft teilgenommen habe. Dort findet man im Boden Gedenkplatten für katholische Christen, die ihr Leben im Widerstand 14 Schwerpunkt Jesuiten n März 2013 n Die Sprache der Steine

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==