Jesuiten 2013-1

Hinaufsteigend in die Oberkirche begegnen wir der goldenen Wandscheibe wieder, ein warm schimmernder Ikonengrund vor dem Taufbecken und der Osterkerze: Getauft sind wir Entkommene, hinaufgerissen in das himmlische Jerusalem. Die Wendung des Blickes in den Innenraum ist dann freilich ein Schock. Licht sickert nur durch die Spalte zwischen den frei aufgehängten Unterzügen und den grauen Waschbetonwänden hindurch. Diese Kirche ist eine fensterlose Zelle. Den Abschluss aber bildet ein wuchtiges Wandgemälde von Georg Meistermann (Köln). Die Rückwand wird förmlich aufgerissen in den tektonischen Verschiebungen einer endzeitlichen Auseinandersetzung. Der Betrachter wird hineingerissen in einen Wirbel von dunklem, erdigem Rot und eisigem Blauschwarz. Dahinter aber wird es Licht, Licht freilich einer anderen Dimension. Im Angesicht des Todes ergriff die Gefangenen Helmuth James von Moltke und Alfred Delp eine geheimnisvolle Zuversicht, dass ihr Tod eine Richtung auf das Leben hin haben werde. Mehr noch, sie fühlten sich angekommen in einer Geborgenheit, die ihnen – zerbrechlich noch und kaum auszusprechen – das Gefühl gab, nichts könne ihnen mehr etwas anhaben. Nicht die Düsternis, nein, das Staunen über das Licht, das sich hier auftut, treibt wieder hinaus zum eigentlichen Gebet, hinaus in die Gesellschaft zum Einsatz für die Nächsten. Die Kraft dazu lässt sich aus dem Stein-gewordenen Gedenken und der liturgischen Feier österlicher Hoffnung, denen diese Kirche Raum schafft, schöpfen. Denn vor dem Licht in der aufgerissenen Wand erscheint, verletzlich und doch unantastbar, das Lamm. „Wir sterben, damit andere einmal besser leben.“ (Alfred Delp) Tobias Zimmermann SJ Gedenkkirche von Maria Regina Martyrum 3 Jesuiten n März 2013 n Die Sprache der Steine Foto: Lutz R. Nehk

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