Jesuiten 2013-3

Eine Sache des Herzens „Ich nehme das Herz aus Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz aus Fleisch“ (Ez 36,26). Ezechiels Bild vom steinernen Herzen verweist nicht nur auf eine starre, kalte, tödliche Gesinnung, es erinnert auch an den „neuen Bund“, den Jeremia kommen sieht: „Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben“ (Jer 31,33). Während der Dekalog, das erste Gesetzesdokument des Sinaibundes, auf steinerne Tafeln geschrieben war (Dtn 5,22), soll der neue Bund ins lebendige Herz geschrieben sein. Bei der Erneuerung von Herz und Geist geht es um ein neues Leben (Ez 37,1-14). Schon Mose bringt das Gesetz in Verbindung mit dem Herzen, in einem erstaunlichen Bild. Gott wird Israels Herz „beschneiden, damit du JHWH, deinen Gott, liebst mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele, damit du lebst“ (Dtn 30,6). Wie die Beschneidung einen höchst sensiblen Bereich eines Mannes freilegt, so braucht es Sensibilität des Herzens, um zu verstehen, was Gott darin spricht. In diesem Sinn bittet Salomo im Traum um ein „hörendes Herz“ (1 Kön 3,9). Gott gibt ihm ein „weises und verständiges Herz“ (3,12). Das Herz ist in der Bibel nicht nur Zentrum der Emotion, sondern auch des Verstandes. Nach Kohelet hat Gott dem Menschen sogar „die Ewigkeit ins Herz gelegt“ (Koh 3,11). Noch dazu steht das Herz für Mut. Die tapfersten Krieger haben ein „Löwenherz“ (2 Sam 17,10). Das brennende Herz Jesu vereint zentrale Bilder des Alten Testaments: das Herz als Mitte der menschlichen Person, in dem der lebendige Wille Gottes eingeschrieben ist, und die Flammen des feurigen Charakters Gottes, der aus dem brennenden Berg Sinai gesprochen hat; „denn JHWH, dein Gott, ist verzehrendes Feuer, ein leidenschaftlicher Gott!“ (Dtn 4,24). Das brennende Herz erinnert auch an die prophetische Leidenschaft Jeremias: „Sagte ich aber: ‚Ich will nicht mehr an ihn denken und nicht mehr in seinem Namen sprechen!’, so war es, als brenne in meinem Herzen ein Feuer“ (Jer 20,9). Die umfassende biblische Bedeutung des Herzens ist heute wichtiger denn je. Im Zusammenleben kommt es vor allem auf emotionale Intelligenz an. Nur wer mit dem Herzen denkt, denkt gut. Die biblische Religion ist eine Sache des Herzens: von Sensibilität und Einsicht, Lebendigkeit und Mut. Dominik Markl SJ 10 Schwerpunkt Jesuiten n September 2013 n Ein Herz grösser als die Welt

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