Jesuiten 2013-3

Gott ist barmherzig und weist niemanden ab, egal wie verkorkst und mies das Leben aussieht. Nicht das Bild, sondern der Inhalt „Herz Jesu – nie gehört! … Ist das Herz Jesu etwa auch konserviert, wie das Herz von Chopin – liegt das vielleicht in Rom?“ „Herz Jesu – was soll damit gemeint sein?“ „Ja, ich kenne das Herz Jesu: Meine Großmutter hatte ein Bild von Jesus mit einem Strahlenkranz über ihrem Bett. Das ist schön …“ So oder ähnlich fielen die Antworten aus, als ich in meiner Glaubensgesprächsgruppe nach Erfahrungen oder Erkenntnissen bezüglich der Herz-Jesu-Frömmigkeit fragte. In Leipzig leben etwa vier Prozent Katholiken und fünfzehn Prozent evangelische Christen. Der Rest der Bevölkerung ist nicht getauft und vom Bekenntnis her „religiös indifferent“. Die etwas umständliche Bezeichnung „religiös indifferent“ ist genauer und klarer als zum Beispiel „Atheist“ oder „Nichtchrist“, denn diese Bezeichnungen würden eine klare Ablehnung des Gottesglaubens und oft auch des Christentums voraussetzen. Auch andere Religionen oder esoterische Strömungen haben in Leipzig wenig Chancen. Die Mehrheit der Menschen ist weder für noch gegen die (christliche) Religion. Viele verstehen die Frage nach einem religiösen Bekenntnis nicht, so wie Jugendliche am Leipziger Hauptbahnhof, die versicherten, sie wüssten nicht, ob sie für oder gegen die Religion seien, aber sie seien „normal“. Schon mehrfach ist mir, aus Süddeutschland stammend und schon viele Jahre in Leipzig lebend, aufgefallen, dass katholische Spezialitäten wie zum Beispiel Fronleichnam, die Herz-Jesu-Verehrung oder die Marienfrömmigkeit hier eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Auch die Kirchgänger haben dazu nicht den gleichen Bezug wie Menschen aus katholischen Gegenden. Ein Katholik bemerkte, dass das Fest wohl auf die Herz-Wunde Jesu anspiele. Jesus habe allerdings viele weitere Wunden gehabt und er verstehe nicht recht, warum man der Herzwunde eine solch große Bedeutung beimesse. Dazu muss man bedenken, dass Fronleichnam in Sachsen kein Feiertag ist, Herz-Jesu natürlich erst recht nicht. So beschränkt sich die Eucharistiefeier am Hochfest Herz-Jesu auf die Abendmesse, die sowieso jeden Tag stattfindet. Eine andere Rolle spielt der Inhalt, der mit der Herz-Jesu-Frömmigkeit verbunden wird: dass Gott barmherzig ist und niemanden abweist, egal wie verkorkst und mies das Leben aussieht. Für manche Taufschüler ist der Gedanke, dass es eine Instanz, eine höhere Macht auf der Welt gibt, die nicht auf Leistung und Erfolg schaut, sondern jeden Menschen so 18 Schwerpunkt Jesuiten n September 2013 n Ein Herz grösser als die Welt

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