Jesuiten 2013-3

Der Glaube sucht Symbole, nicht nur Worte. Wo die Herz-Jesu-Verehrung blüht In jedem katholischen Haus im südindischen Bundesstaat Kerala hängt im Wohnzimmer das Bild vom Herzen Jesu neben einem Kruzifix und anderen Marien- und Heiligenbildern. Obwohl es eigentlich ein typisch katholisches Bild ist, findet man es auch bei vielen orthodoxen Christen. Das Herz-Jesu-Bild ist wie eine Ikone, ohne die im Haus etwas fehlen würde. Sogar in manchen Hindu-Familien gibt es das Bild – zum Beispiel bei unseren Nachbarn, bei denen das Herz Jesu neben Krishna und anderen Göttern steht. Die katholische Frömmigkeit ist auf sie übergesprungen, und das ist für sie in Ordnung. Wenn ich sie besuche, bitten sie mich, mit ihnen dort zu beten – und das mache ich mit großer Freude. Jede katholische Familie in Indien, besonders in Kerala, wo es viele Christen gibt, ist dem heiligsten Herzen Jesu geweiht. In vielen Bistümern wird im Juni traditionell der jährliche Familiensegen gespendet, für den es besondere Gebete gibt, zu denen die Herz-Jesu-Litanei gehört. Als ich ein Kind war, war ich mit unserem Pfarrer jedes Jahr zur Hausweihe unterwegs. Es war mir eine große Ehre, mit ihm jede Familie in der Gemeinde zu besuchen. Der Pfarrer segnet mit dem Weihwasser nicht nur die Bewohner des Hauses, sondern auch das gesamte Grundstück und die Ställe. Diese Tradition hält viele Familien fest zusammen. Alle Mitglieder der Familie versuchen unbedingt dabei zu sein. Ohne weiteres ist klar, dass eine Familie, die zusammen betet, gemeinsam durch dick und dünn gehen kann. Die wenigsten Leute wissen wohl, worauf diese Tradition zurückzuführen ist. Weder die Erwachsenen noch die Kinder ahnen, dass diese Verehrung und die jährliche Familienweihe mit der Hl. MargueriteMarie Alacoque im 17. Jahrhundert zu tun hat und von den Jesuitenmissionaren stark gefördert wurde. Erst als ich in den Orden eingetreten bin, habe ich davon erfahren. Und obwohl Jesuiten in der Syromalabarischen Kirche, der ich angehöre, aus historischen Gründen nicht immer beliebt sind, ist auch bei uns die Verehrung des Herzens Jesu im Volk sehr verbreitet. Denn der Glaube sucht Symbole, nicht nur Worte, die das Gemeinte ausdrücken. Das Herz Jesu ist ein Symbol der Gottesliebe – und wir sind berufen diese Liebe mitzuteilen. Thomas Kattathara SJ 4 Schwerpunkt Jesuiten n September 2013 n Ein Herz grösser als die Welt

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